Fasten.

[207] Leider riech i itzt an Freitagn und Samstagn immer häufiger Fleischsuppen-G'ruch in mein Dorf, wo mich ehmals der aromatische G'ruch von an zwiefelg'schmalzner Wassersuppen so sehr ergötzte; es is koan Fasttag, selbst der heili Charfreita nimma z'heili, wo ma's net mit an Leberwürstel aufnahm, und man glabt alles gethan zu haben, wenn ma 's g'selcht Fleisch net in Massa frißt, sondern unter Knödel hackt, und Dinger d'raus macht, daß ma d'Festung Belgrad damit bombardirn könnt. (Mein[207] Köchin macht's a gut, aber net so groß, versteht si.) Han, meine Leut! muß denn alleweil Fleisch neinpampft sein – hot ja unser Herr vierzig Tog kein Brod g'habt, vielwen'ger Fleisch oder Fleisch-Knöd'l. Man kann ja doch a von Mehl wos Guts kocha, und überhaupts auch an Festtägen a guats Essen herrichten. Non i bin do letzthin in Charfreita beim Pater Anselm in *** eing'laden g'wesen zu an Fastensüppla. Non wir hob'n g'habt (zählt an den Fingern):


An Erbsensuppen mit Zellera – die war scharmant.

Dann is komma: Sauerkraut mit Haring – hot passirt, war'n koani frischi Holländer.

Nacha is komma: a sechspfündiges Karpferl in der brauna Brüh, – hob net bald wos Bessers g'essen.

– – an Eierspeis, konn gut g'weßt sein, bin koa Freund davon.

– – bachene Forell'n mit Andifi – all'n Respekt.

– – Dampf-Nudeln – a wie a Pflaum, – dös muß ma seina Köchin lassen.


Endli is kumma a Stockfisch in der Petersilsoß – und nach'n Stockfisch erst is der Pater Anselm[208] komma und hat so was Süß und a Glas'l Elfer rumgebn – 's Bier war von untern Wirth, non a alts – non itzt schauts her, da is itzt koan Quintl Fleisch dabei, und is d'Fasten g'halten, wie's Gott und d'Kirchen befiehlt. Und so müßt's ös a handeln, so die Gebote der Kirche mit den Geboten Gottes vereinigt halten und recht fleißig in dem Garten des Herrn arbeiten und späterhin, herrliche Früchte einerten, wie das heutige Evangelium lautet; und dann, wenn ihr euch so vorbereitet habt, dann mag die Welt aus ihren Angeln gehen, Schwefel und Pech regnen, dann mag die Sündfluth losbrechen, – ihr steht still und ruhig da wie euer Verstand und harrt der Dinge, die da kommen mit weit aufgerissenem Maul bis in die Ewigkeit.


Amen.

Quelle:
D. C. Müller: Gedichte, Aufsätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Rorschach 1853, S. 207-209.
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