Der Dichter, als Prolog

[3] Ich lad' euch, schöne Damen, kluge Herrn,

Und die ihr hört und schaut was Gutes gern,

Zu einem funkelnagelneuen Spiel

Im allerfunkelnagelneusten Styl;

Schlicht ausgedrechselt, kunstlos zugestutzt,

Mit edler deutscher Rohheit aufgeputzt,

Keck wie ein Bursch im Stadtsoldatenstrauß,

Dazu wohl auch ein wenig fromm für's Haus:

Das mag genug mir zur Empfehlung sein,

Wem die behagt, der trete nur herein.

Erhoffe, weil es grad' ist Winterzeit,

Thut euch ein Stündlein hier im Grün nicht Leid;

Denn wißt es nur, daß heut' in meinem Lied

Der Lenz mit allen seinen Blumen blüht.

Im Freien geht die freie Handlung vor,

In reiner Luft, weit von der Städte Thor,

Durch Wald und Feld, in Gründen, auf den Höhn;

Und was nur in vier Wänden darf geschehn,

Das schaut ihr halb durch's offne Fenster an,

So ist der Kunst und euch genug gethan.


Doch wenn ihr nach des Spiels Personen fragt,

So kann ich euch, den Musen sei's geklagt,

Nur eine präsentiren recht und ächt,

Das ist ein junger blonder Müllersknecht.[3]

Denn, ob der Bach zuletzt ein Wort auch spricht,

So wird ein Bach deshalb Person noch nicht.

Drum nehmt nur heut' das Monodram vorlieb:

Wer mehr giebt, als er hat, der heißt ein Dieb.


Auch ist dafür die Szene reich geziert,

Mit grünem Sammet unten tapeziert,

Der ist mit tausend Blumen bunt gestickt,

Und Weg und Steg darüber ausgedrückt.

Die Sonne strahlt von oben hell herein

Und bricht in Thau und Thränen ihren Schein,

Und auch der Mond blickt aus der Wolken Flor

Schwermüthig, wie's die Mode will, hervor.

Den Hintergrund umkränzt ein hoher Wald,

Der Hund schlägt an, das muntre Jagdhorn schallt;

Hier stürzt vom schroffen Fels der junge Quell

Und fließt im Thal als Bächlein silberhell;

Das Mühlrad braust, die Werke klappern drein,

Man hört die Vöglein kaum im nahen Hain.

Drum denkt, wenn euch zu rauh manch Liedchen klingt,

Daß das Lokal es also mit sich bringt.

Doch, was das Schönste bei den Rädern ist,

Das wird euch sagen mein Monodramist;

Verrieth' ich's euch, verdürb' ich ihm das Spiel:

Gehabt euch wohl und amüsirt euch viel!

Quelle:
Wilhelm Müller: Gedichte. Berlin 1906, S. 3-4.
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