Pfingsten

[271] O heilige Frühlingswonne,

Du sinkest nieder,

Strahlend und flimmernd

In himmlischen Schauern,

Auf alle Berge,

In alle Thäler,

In jede Menschenbrust!

Ja, du bist es,

Geist Gottes,

Du gießest dich aus

Über die Welt!

Soll ich auf die sonnige Höhe steigen

Und beten?

Soll ich in dem dunkeln Thale liegen

Und sinnen?

O tritt sanft, mein Fuß,

Daß du den Wurm nicht tretest,

Der unter dir

Sich freuet des sonnigen Lebens!

Und du, hoch schlagende Brust,

Halt' an den Athem,

Daß du die Mücke

Nicht in dich ziehest,

Die sich wieget im Strahle

Vor deinem Munde!


Quelle:
Wilhelm Müller: Gedichte. Berlin 1906, S. 271.
Lizenz:
Kategorien: