Brunnenmetamorphose

[289] O Wunder! Wie die kalten Erdenquellen

Von heißer Gluth durchdrungen überschwellen!

Ich trinke, Feuer fließt durch meine Glieder,

Und meinen Becher setz' ich staunend nieder.


Ich ahn' es wohl! Es sind die Wunderlippen,

Die heut' zuerst aus diesem Sprudel nippen.

Sie haben ihm den Erdenstoff genommen

Und ihn mit ihrer Himmelskraft durchglommen.


So will ich trinken und nicht mehr mich härmen,

Ob mich das Wasser kühlen mag, ob wärmen,

Und vorbereitend mich der Quelle nahen,

Aus der die Brunnen jetzt ihr Heil empfahen.

Quelle:
Wilhelm Müller: Gedichte. Berlin 1906, S. 289.
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