Im Novembersturm

[117] Der Sturmwind rast und der Regen schlägt

ans Fenster in schweren Tropfen –

Ich fühl in der tollen Novembernacht

mein Herz wohl hörbar klopfen.
[117]

Es schlägt in brennender Ungeduld

sehnsüchtig und beklommen . . .

Ach, wenn die Stunde doch Flügel hätt'

und wäre der Winter gekommen!


Und deckte die Ströme das blinkende Eis

und der Schnee die schweigende Runde –

und wären wir endlich allein, allein

in der heimlichen Mitternachtsstunde!


O Liebster, Liebster, – der Sturmwind rast

und der Regen rauscht endlos nieder –

mir aber fluten durch Haupt und Herz

traumselige Liebeslieder.


Quelle:
Clara Müller-Jahnke: Gedichte, Berlin [1910], S. 117-118.
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