Herbstliche Liebe

[263] Meine Seele spinnt dich ein;

schimmernde Marienfäden

sollen ihre Häscher sein.


Ihre Schlingen fühlst du kaum.

Eine rote Märtyrkrone

brech ich dir vom Eschenbaum.


Deine Stirne küß ich bleich –

und so führ ich dich gefangen

mitten durch mein Schattenreich.


Du wirst ganz mein eigen sein,

wirst verbluten und verblühen –

meine Seele spinnt dich ein.

Quelle:
Clara Müller-Jahnke: Gedichte, Berlin [1910], S. 263.
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