Johannisnacht

[266] Umwogt von weißen Nebelschleiern

von blühenden Rispen überdacht –

komm mit ins Korn! Wir wollen feiern

die heilige Johannisnacht.


Da treibt aus taugetränktem Grunde

in alle Halme hoch der Saft,

da wirkt in klarer Vollmondstunde

uralter Gottheit Wunderkraft.


Wir fühlen tief das heilige Reifen

und – eins im andern fromm bereit –

stillsegnend unsre Stirnen streifen

den Blütenhauch der Ewigkeit.

Quelle:
Clara Müller-Jahnke: Gedichte, Berlin [1910], S. 266.
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