Vierter Auftritt.

[18] Die Vorigen. Der Cornet.


CORNET Säbel und Tschako beim Hereintreten auf einen Tisch werfend. Das war mal wieder eine Attaque gewesen, aber ich habe die Kerls Mores gelehrt.

CAPITAIN. No was hots dann schond widder gewe?

CORNET. Stellen Sie sich vor lieber Capitain. Gestern war ich in dem Theater, man gab die Jungfrau von Orleans, eines der besten Kunstwerke für die deutsche Bühne. – Nun können Sie sich wohl denken, daß wenn man dieses Stück in Berlin, auf einem Berliner Theater, von Berliner Schauspielern gesehen hat, man es unmöglich in Frankfurt ansehen kann. Jott strafe mir! die Kerls spielen man so steif, und deklamiren so schlecht. – Ach Capitainchen, von Mir mußten Sie mal den Talbot sehn – Wundervoll! Na, wieder zur Geschichte: ich stand im Parterre, neben mir ein Mensch in Civilkleidern mit einem Schnurrbart, welcher sich einige Raisonnemangs über das Stück erlaubte, aber uff Ehre, so unsinnig und ungebildet, daß man auch nicht eine Spur von Bildung an ihm bemerkte, welches ich ja von jedem gebildeten Manne verlange. – Im Zwischenakt sagt' ich ihm: wie in Teufels Namen können Sie, mein Herr, an dieser uff Ehre, erbärmlichen Aufführung Geschmack finden? Die Schauspieler reden ja nicht mal schriftteutsch! Was geht das Sie an, mein Herr? sagt er mir. Herr, hab ich ihm darauf geantwortet, Jott straff mir! vergessen Sie sich nicht, ich bin Leutnant der Teutschen Legion, ich hab für die jute Sache gefochten, Teutschland befreit.

CAPITAIN. Des is schond oft do gewese.

CORNET. Kurz und gut, Ein Wort gab das andere; er war Offizier und Edelmann, ich forderte ihn, wir schlugen uns,[19] aber, strafe mir ein juter Jott! ich hab' ihm eene ausgewischt, comme il faut.

CAPITAIN. Er lebt doch noch?

CORNET. J, ja, er lebt noch, wird aber in der Folge schon höflicher sind.

CAPITAIN. Miller, mer misse jetzt noch den bewußte Gang duhn. Zu Millern leise. Ich muß nordst mache, daß ich von dem osige Babbelmaul fort komme. Geht mit dem Leibschützen ab.


Quelle:
Carl Malß: Volkstheater in Frankfurter Mundart. Frankfurt a.M. 31884, S. 18-20.
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