Siebenter Auftritt.

[21] Der Cornet. Gretchen.


CORNET auf Gretchen zueilend, ihr die Hand küssend. Schönes, einziges Gretchen –

GRETCHEN. Ich bitt' Ihne.

CORNET. Sie waren man ausgegangen?

GRETCHEN. Ja, un wann Se wißte wo.

CORNET. Na?

GRETCHEN. Deß seegt mer net eso.

CORNET. Wenn ich dir aber bitte, Gretchen?

GRETCHEN. No ich will der'sch nor sage. Du host selle auskwatirt wern –[21]

CORNET. Ich ausquartirt? Mir ausquartiren? Wer mir ausquartiren?

GRETCHEN. Ei, des Kwatiramt –

CORNET. Donner und Doria! – Das Quartieramt wird's man bleiben lassen, ich bin Offizier, und einen Offizier von der tapfern Legion, einen Sieger von Moskau, von Lützen, von Culm, Bautzen und der Katzbach wird man nicht ausquartiren. Er greift nach dem Säbel. Jott verdamme mir! ich muß hin, die Kerls rannschiren –

GRETCHEN. Um Gotteswille net!

CORNET. Kein Pardon!

GRETCHEN. No hehr nor, ich bitte dich, besinn dich, was de duhst.

CORNET bei Seite. Ja! ja! ohne Zweifel ist der Stadtkommandant mir auf der Spur und will meinem Leutnantsthum ein Ende machen. Eine infame Geschichte! es ist aber ernstlich Zeit, daß ich fortkomme. Er eilt auf Gretchen zu und faßt ihr beide Hände. Nun erzähle weiter Gretchen, und verzeih mir meine Hitze. Sieh, Engelsmädgen, wenn ich man in der Rage komme, so kenn' ich mir selber nicht.

GRETCHEN. No ich warn uff dem Kwatiramt, un hab gesorgt, daß de noch bei uns bleibst, Lieber.

CORNET voll Entzücken. Himmlisches Mädchen! Affektirt schwermüthig. Schade nur, daß vielleicht sehr bald wir uns trennen müssen. Grausames Schicksal, du willst nicht haben, daß Gretchen die Meinige werde.

GRETCHEN. Wie?

CORNET. Treffliches Gretchen, ich kann Dir es länger nicht mehr verhehlen; ich muß eilends Frankfurt verlassen. Mein Vater will, daß ich sogleich auf eins seiner Jiter reise, um die Verwaltung desselben zu übernehmen.[22]

GRETCHEN. Ach, was mechst de mich so unglücklich!

CORNET. Süßes Gretchen, folge mir dahin!

GRETCHEN. Ach! mit der gehn – Nä, mein Lebtag net. –

CORNET zärtlich. Gretchen!

GRETCHEN. So lieb ich dich hab, awer ich thu's net.

CORNET. Aber das Glück unsers Lebens hängt davon ab. Und wenn du bleibst, welche Zukunft erwartet dir in diesem Hause? Sieh Gretchen, du reisest mit mir anf das Jut, dort sorge ich für unsere Trauung durch unsern Pastor. Wir reisen zu meinem Vater, werfen uns zu seinen Füßen, er verzeiht – und du bist ewig die Meine!

GRETCHEN. Ach! thu mer net so weh, mach mer'sch Herz net so schwer.

CORNET. Jott straf mer! Gretchen, ich lese in deinen holden Augen, du willigst ein.

GRETCHEN. Kann ich annerscht: ich hab dich zu lieb.

CORNET. Na, so laß uns auch die erste beste Gelegenheit benutzen zu entfliehen.

GRETCHEN beherzt und freudig. Bis Sunntag, wann alles in Bernem is. –

CORNET. Ja wahrlich, ist nur das Haus einmal rein, für Postpferde stehe ich dann. Du wirst mal Augen machen, wenn du die Residenz siehst, und meine Jiter.

GRETCHEN. Ich höre kommen?

CORNET. Laß uns das Nähere hier neben besprechen.


Beide gehen durch die Seitenthüre links ab.


Quelle:
Carl Malß: Volkstheater in Frankfurter Mundart. Frankfurt a.M. 31884, S. 21-23.
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