Die Unsterblichkeit

[78] An Elisa.


Lehnst du deine bleichgehärmte Wange

Immer noch an diesen Aschenkrug?

Und beweinst den Todten, den schon lange

Zu der Seraphim Triumphgesange

Der Vollendung Flügel trug?


Siehst du Gottes Sternenschrift dort flimmern,

Die der bangen Schwermuth Trost verheißt?

Heller wird der Glaube nun dir schimmern,

Daß hoch über seiner Hülle Trümmern

Walle des Geliebten Geist!


Seelen, die den Kelch des Glaubens tranken

Wann ihr Pfad in Dunkel sich verlor,

Steigen aus der Schwermuth finstern Schranken,

Wie auf Adlersflügeln, zum Gedanken

Der Unsterblichkeit empor!
[79]

Wohl, o wohl dem liebenden Gefährten

Deiner Sehnsucht, er ist ewig dein!

Wiedersehn, im Lande der Verklärten,

Wirst du, Dulderin, den Langentbehrten

Und wie er unsterblich seyn!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 78-80.
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