Mein Liebchen

Wenn Sorge mich und Unmuth quälet,

Wenn mir's an Moos im Beutel fehlet,

Wenn mich ein schwerer Kummer drückt,

Das Schicksal mich mit Pech beglückt:

Was ist es dann, wonach ich greife?

I nun! Die liebe Tabakspfeife!


Bei meinen Freuden, meinen Scherzen,

Beim Austausch gleichgesinnter Herzen,

In all' den traulich frohen Stunden,

Die ich im Freundeskreis gefunden,

Bei meines Glück's so seltner Reife

Ist stets um mich die liebe Pfeife.


Auf all' den Reisen, die ich machte,

Wo die Natur mir freundlich lachte,

Auf all' den einsam trauten Wegen,

Im Waldesgrün, wo ich gelegen,

In Feld und Flur, die ich durchstreife,

Begleitet mich die treue Pfeife.


Sie bleibt mir Braut durch's ganze Leben;

Ja, sie in Adel zu erheben

Ist wohl ein Leichtes: Das Diplom

Schreibt sie sich selbst durch ihr Arom.

Sie heiße d'rum, ob man auch keife,

Von jetzt an: Edle von der Pfeife!


C.M.[80]


Quelle:
Mein Liebchen. Wenn Sorge mich und Unmuth quälet, […] C.M. In: Neuer Deutscher Reichsbote. Jg. 1873. S. 80. – Stolpen (1872), S. 80-81.
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