Zweiter Auftritt

[111] Steigerl. Seine Frau und Speck.


FRAU STEIGERL. So einen Familienrat müßt ich mir bald wieder ausbitten, da kommt was G'scheides heraus.

STEIGERL. Hörst du, und wann du noch so rabiat werden solltest, ich kann mir nit helfen, der Herr G'vatter Schmalz hat einige wahrhafte Brocken von sich gegeben.

FRAU STEIGERL. So was muß man im Publiko absolut nit aufkommen lassen; obwohl ich just selber wünschte, daß er etwas solider wär.

STEIGERL. Und daß er nit soviel Geld verschwendete, denn heutzutage ist das Geld rar, es gedeiht nit wie's Körndel, wann's noch so regnet.

SPECK. Ich wüßt ein Mittel, ihn zu bessern.

FRAU STEIGERL. Wann's ihm nur nit weh tut, denn weh tun laß ich ihm nit.

STEIGERL. Geben Sie's von sich.

SPECK. Haben Sie noch nie von dem Schwarzkünstler gehört, der den Leuten ihren künftigen Lebenslauf im Traume zeigt?

FRAU STEIGERL. Ja, gehört hab ich schon davon, aber geglaubt hab ich's nit recht, denn man hört so viel, was nit wahr ist

SPECK. Das ist reine Wahrheit; wie wär's, wenn wir ihn durch den Schwarzkünstler kurieren ließen? Es würde mancher kurios auf halbem Weg umkehren, wenn er vorher sehen könnt, was ihm bevorsteht – mancher Verschwender sähe sich im Schuldturm sitzen, mancher grobe Vielwisser würde sich mit einem blauen Buckel auf den Bauch hinausgeworfen sehen –, so ein Blick in die Zukunft könnte die schönsten Verwandlungen, trotz einem Metamorphosentheater, bewirken.

STEIGERL. Mir ist's recht, wann's nur auch meiner Frau recht ist, ah, da bin ich ein eigener Mann, gegen den Willen meiner Frau tät ich nichts, und wann's wer weiß was wär.

FRAU STEIGERL. Wann mir's der Schwarzkünstler schriftlich gibt, daß's ihm nit weh tut und daß ihm nix g'schicht, so willige ich ein.

SPECK. So will ich gleich gehn und ihn fragen, ob er die[112] Kur auf sich nehmen will, in einer Stund bring ich Ihnen Antwort.

FRAU STEIGERL. Sagen Sie ihm nur, wer wir sind, daß er's mit einer respektablen Familie zu tun hat. Wenn auch mein Mann nur ein reicher Tandler war, so war doch nach unseren Familiennachrichten mein Großvater ein Bassa von einer Menge Roßschweifen, der erst bei der Belagerung von Wien sich seßhaft gemacht hat. Alle drei ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 111-113.
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