Dritter Auftritt

[113] Ein Gartensaal mit der Aussicht in den Garten. Malchen und Jean.


JEAN für sich. Das ist gewiß wieder eine Prätendentin. Laut. Mein Herr ist nicht zu Hause, er wird auch nicht so bald kommen.

MALCHEN. Das tut nix – ich bleib halt derweil da sitzen und strick meinen Strumpf aus –, er ist oft genug in meinem Zimmer gesessen und hat nit gestrickt.

JEAN. Mit wem habe ich denn eigentlich die Ehre?

MALCHEN. Die Ehre ist auf meiner Seite; ich bin eine alte Bekannte von dem Herrn Fritz und möchte, weil er sich meiner nit erinnert, seinem Gedächtnisse zu Hülfe kommen.

JEAN. So, ja, du lieber Himmel, der Herr ist seit kurzem so beschäftigt, daß er kaum Atem holen kann.

MALCHEN. Das wär! Hat er denn eine Anstellung?

JEAN. Ja, im Kaffeehaus.

MALCHEN. Was?

JEAN. Nun ja, dort beim Kaffeehaus, wo's Geld gewechselt wird.

MALCHEN. So, das ist g'scheit! Wann er ein Brot hat, so kann er jetzt sein Wort halten.

JEAN. Er wird vielleicht bis in die Nacht spät nicht nach Haus kommen.

MALCHEN. Ich warte halt, nach Haus darf ich so nimmermehr, bis ich einen Mann hab. »Hast du dich mit ihm ins Gerede gebracht«, hat der Papa gesagt, »so mach, daß er dich heiratet!« Ihm wird's schon recht sein, da kenn ich ihn.

JEAN. Wirklich, Sie glauben also –

MALCHEN. Er nimmt mich auf der Stell; denn was der[113] Mensch betteln und schmeicheln und versprechen kann, das ist schon über die Maßen! Wenigstens drei Wochen lang ist er mir auf den Knien nachgerutscht, bis ich ihm's geglaubt habe, daß er mich gern hat – er hat mir schon damals 's Heiraten versprochen –, aber, von der Lieb frißt; man nix herab, hat der Papa g'sagt; wenn er eine Anstellung hat, da ist's was anders!

JEAN. Das ist eine verdammte Geschichte. Ich weiß zwar nicht, was mein Herr denkt; aber in der Regel sind halt solche mündliche Versprechen der Männer keine Schuldbriefe.

MALCHEN. Ei ja wohl, ich bin nicht so einfältig, ich hab's ja schriftlich. Sie zieht einen Buschen Briefe heraus. Wenigstens in hundert Briefen hat er mir's versprochen, wann ich ihm die vorlege, so kann er's ja nicht leugnen; oh, er ist froh, wenn er mich bekommt. Sie, ich bin keine von den Madeln, die da glauben, daß die Erdäpfeln auf den Bäumen wachsen, und die nit wissen, wieviel in einen Topf gehört – die entsetzlich schöne Perlenstickereien machen, aber keinen Strumpf stricken können; mit mir ist's nit gefehlt. Sie, ich kann zwar nit französisch parlieren, aber was ich einem auf gut deutsch sage, das versteht er gewiß!

JEAN. O liebenswürdige Einfalt! Still, ich höre klopfen, machen Sie sich's bequem, ich will nur nachsehen, wer's ist – mein Herr mag sehen, wie er's loskriegt. Ab.

MALCHEN allein. Was das für ein schönes Zimmer ist, aber die Einrichtung will mir nit recht gefallen, sobald ich seine Frau bin, muß das alles anders rangiert werden, da müssen die Better stehen, da die Toilette, und dort das Sofa, ja, da werd ich ganz andere Einrichtungen treffen.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 113-114.
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