Zehnter Auftritt

[140] Man hört Musik, ein Einzug des Kompliments mit mehreren Titeln. Das Kompliment hat eine rote Toga, die Titel sind modern französisch gekleidet. Kurzer Tanz.


LOTTCHEN. Was ist denn das schon wieder Neues?

SATIRE. Es naht sich eine jener Personagen, die in der Welt am besten gelitten sind, wenn sie gleich alle ihre Umgebungen nur mit Wind füttert; es ist das leibhaftige Kompliment, begleitet von nichtssagenden Titeln.

DAS KOMPLIMENT nähert sich Lottchen in tanzenden Stellungen. Unvergleichliche Frau! Das Verdienst, der Ruf, die Liebe, alle die Eigenschaften, die Sie zieren, haben meine Schritte zu Ihnen beflügelt. Erheben Sie Ihre strahlenden Augen und senden Sie mir einen gnädigen Blick hernieder, damit ich auch erquickt werde in der Nacht meiner Niedrigkeit. –

LOTTCHEN. Das sind schöne Redensarten.

FRITZ. Die einen Frosch bis zum Zerplatzen aufblähen könnten, und so einen Unsinn nennt sie schön!

SATIRE. Schweigen sollst du, weißt du denn nicht, daß ein Ehemann gegen sein hübsches Weib immer unrecht hat?

FRITZ. Ei, so wollt ich, daß ich einen rechten Rammel geheuratet hätte.

KOMPLIMENT. Euer Gnaden müssen trachten, die obskure Vergangenheit, soviel nur immer möglich ist, vergessen zu[140] machen, es ist daher von der höchsten Wichtigkeit, daß Sie sich einen Titel beilegen. Herr Gemahl, bezahlen Sie einen Titel für die gnädige Frau! Aus diesem Topfe pflegen die Ehemänner Ihresgleichen die Befriedigung der Ambition ihrer Weiber herauszuziehen.

FRITZ. Sie hat ja schon einen Titel, sie heißt Charlotte Steigerl, wer wird denn ein Geld für nichts ausgeben?

LOTTCHEN. Wie, du könntest anstehen, mir eine Distinktion zu verschaffen? Wenn ein jedes Kräutlerweib an Sonntagen eine gnädige Frau ist, soll ich mit meiner Schönheit der Niemand sein?

LUXUS. Du wirst dich dazu schon bequemen müssen!

SATIRE. Wirf das Geld hin, das du bekommen hast, du kannst es nicht besser anwenden.

FRITZ. Glauben S'? Ich wüßt's weit besser zu verwenden; doch was ist zu tun, wann die Frau Gemahlin so wichtige Protektionen hat; hier ist's Geld!

KOMPLIMENT. Ziehen Sie jetzt einen Titel heraus!

FRITZ. Wie aus dem Glückshafen? Es ist also alles eins, wer ihn kriegt? Da ist einer!

ALLE. Sultanin!

FRITZ. Sind wir denn in der Türkei?

SATIRE. Oh, der Sultaninnen gibt es genug auch außer der Türkei. Es ist ein Titel, den die Weiber gar gerne haben. –

FRITZ. Sind auch Güter damit verbunden?

SATIRE. Die Güter liegen in einem unbekannten Weltteile!

KOMPLIMENT. Meine gnädige Sultanin, ich huldige Ihren Reizen und bin ewig Ihr Sklave!


Mit den Titeln unter vielen Verbeugungen ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 140-141.
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