Einundzwanzigster Auftritt

[155] Ein kurzes Zimmer.

Der Magier, Herr und Frau Steigerl und Speck schweben herab und steigen vom Sofa.


MAGIER. Der Traum ist vorüber, Ihr Sohn ist auf immer geheilt.

SPECK. Das war aber auch eine Roßkur! Es ist schade, daß Sie kein Tierarzt geworden sind.

FRAU STEIGERL. Wenn er's aber nit aushält? Wann er draufgeht? So was könnt ja eine ganze Menagerie umbringen.

MAGIER. Ich stehe dafür, daß er recht dick und fett auf die Kur werden soll. Es gibt kein sichereres Heilmittel für entartete Menschen, als der Spiegel der Zukunft ist. – Stünde er doch enthüllt vor jedem Auge! Leer würden die Gefängnisse und auf ewig verschwunden das Hochgericht sein![155]

FRAU STEIGERL. Wo wird er denn erwachen? Denn mein mütterliches Herz sehnt sich nach ihm wie ein Weintrinker nach einem unverfälschten Tropfen.

MAGIER. Ich habe es veranstaltet, daß er in meinem Garten, den ich erleuchten ließ, erwache. Ihre ganze Sippschaft hab ich dahin einladen lassen, damit seine Verwandlung gleich stadtkündig werde. Ihre gesprächigen Godeln und Mahmen werden in der größten Geschwindigkeit die Geschichte von der Hundsturmerlinie bis zum Tabor verbreiten, und viele Eltern werden Sie um das Glück beneiden, einen gebesserten Sohn erhalten zu haben.

SPECK. Könnt ich nicht wieder sehen, wie meine Frau mit dem weitschichtigen Vetter steht?

MAGIER. Sie ist auch in den Garten geladen, und wenn sie bei Ihnen ist –

SPECK. Ah, das ist brav: Ich werd s' halt künftig an mich annähen, wenn ich ausgehe, wie in manchen Ländern die Bauern ihre Handschuhe annähen.

STEIGERL. Apropos, noch auf ein Wort! Mein Sohn ist gebessert, wie schaut's aber mit dir aus? Frau, nein, nicht mehr Frau, Weib! Untertanin des Mannes!

FRAU STEIGERL. Was ist das für eine Sprache?

STEIGERL. Wann alles gebessert wird, so muß auch das Weib wieder in die Schranken des Gehorsams zurückkehren; ich soll der Herr sein, heißt es; ich war aber bis jetzt nicht einmal der Hausknecht. Euer Gnaden, Herr Zauberer: Sie können viel, das haben wir alle gesehen, aber etwas bringen Sie halt doch nicht zuwege; ich möchte mein Vermögen drauf verwetten. –

MAGIER. Und das wäre? –

STEIGERL. Ein übermütiges Weib, das seit Jahren den Pantoffel führt, wieder zur Ordnung zurückzuführen.

FRAU STEIGERL. Meine Krämpfungen, meine Vapeurs!

STEIGERL. Das sind Mattigkeiten; diese Ohnmachten kennen wir schon; sobald ich ihr recht gebe, so ist sie gleich wieder kreuzwohlauf!

MAGIER. Diese Kur wollen wir auch vornehmen; doch vorderhand sei es mit der einen genug; das mütterliche Gefühl wird in der Besserung des Sohnes vielleicht Anlaß zur eigenen finden. Fritz möge erwachen zur besseren Erkenntnis! Wenn's beliebt, so sind wir im Garten.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 155-156.
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