Erste Scene.

[3] Wolkenzimmer mit den Attributen Jupiters ausgeschmückt.

Jupiter sitzt an einem Fenster im Schlafrocke sein Pfeifchen schmauchend, gähnt oft mitunter.


Arie.


Einmahl war ich wohl früher wach,

Lief bey der Nacht den Mädel nach,

War der Wauwau aller Weiber.

Doch jetzt bin ich schon alt und schwach,

Sieht mich ein Weib, so sagt sie: ach!

Drey Schritt vom Leibe mir bleib er!

Jetzt ist das noch mein ganz Gaudée,

Wenn ich die Menschen da unten seh,

Schnäbeln und hüpfen und walzen;

Es ist ein altes Sprichwort dann,

Wer nicht mehr selber fahren kann,

Der hört doch gern noch schnalzen.


Da rauch ich alle Morgen mein Pfeiferl bey einem Glas Kümmel,

Und betrachte das tolle Menschengetümmel.

Ich war ein lockerer Zeisig, ich wills hoffen,

Aber die heutige Welt hat mich schon übertroffen.

Buben, die noch die Bücher im Riemen tragen,

Haben schon Liebschaften, und wollen was sagen.[3]

Und die Erwachsenen die muß man erst sehn,

Die Götter dürften in d'Schul zu ihnen gehn.

Sonst war eine Liebschaft genug; aber die Kreaturen,

Wolln 'ne ganze Fabrik, wie von Dutzenduhren.

Und mein Weib, die Juno, die Beschützerinn der Ehen,

Die ist degradirt, die kann ihre Wunder sehen.

Sie könnt' auf eine gute Eh' aus ihren Schätzen

Ein Prämium von 1000 Dukaten aussetzen,

Und ich müßt nicht Zevs seyn, wenn ich mich sollt irren,

Daß mehr als drey Paar drum konkurriren.

Und über die drey Paar selbst wär noch manches zu sagen,

Doch still es hat schon sieben Uhr geschlagen.

Jetzt muß ich wieder in das Götterkleid kriechen,

All meine Referenten kommen bald hergeschlichen,

Und werden mir wieder die Ohren voll winseln.

He Ganymed, Jokus! – Wo stecken die Pinseln?

Wanns nur schon wieder Mittag wär! Beym Trunk und beym Schmaus,

Ranzt sich Gott Jupiter doch wieder aus.


Quelle:
Carl Meisl: Theatralisches Quodlibet, Pesth 1820, S. 3-4.
Lizenz:
Kategorien: