Nächtliche Fahrt

[122] Ein Schiff befuhr das Meer. Aufrauschend quoll

Die Flut am Kiel. Er suchte Pylos' Strand.

Das Steuer führt' ein Jüngling kummervoll,

Dem früh des Vaters Rat und Hilfe schwand.
[122]

Der Glückbedürft'ge hieß Telemachos

Und schaute nach des Segels nächt'gem Flug,

Dicht neben ihm der hohe Fahrtgenoß,

Athene war's, die Mentors Züge trug.


Unendlich brach hervor der Sterne Heer,

Die lichten Waller wußten ihre Bahn...

Da sprach die Tochter Zeus' auf dunkelm Meer:

»Zusammenrufen wir die Götter an!«


Die Hände, wie der Staubgeborne fleht,

Erhob sie ausgebreitet in die Nacht –

Und sie erhörte selber das Gebet,

Von ihr für den Verlaßnen dargebracht.


Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 122-123.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1892)
Gedichte.
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Ausgewählte Novellen / Gedichte (Fischer Klassik)
Gedichte: Apparat zu den Abteilungen III und IV
Gedichte: Apparat zu den Abteilungen VIII und IX. Nachträge, Verzeichnisse, Register zu den Bänden 1 bis 7