LIII
Die Beichte

[435] Hier schreit ich über meinem Grabe nun –

Hei Hutten, willst du deine Beichte tun?


's ist Christenbrauch. Ich schlage mir die Brust.

Wer ist ein Mensch und ist nicht schuldbewußt?


Mich reut mein allzu spät erkanntes Amt!

Mich reut, daß mir zu schwach das Herz geflammt!


Mich reut, daß ich in meine Fehden trat –

Mit schärfren Streichen nicht und kühnrer Tat!


Mich reut die Stunde, die nicht Harnisch trug!

Mich reut der Tag, der keine Wunde schlug!


Mich reut – ich streu mir Aschen auf das Haupt –

Daß nicht ich fester noch an Sieg geglaubt!


Mich reut, daß ich nur einmal bin gebannt!

Mich reut, daß oft ich Menschenfurcht gekannt!


Mich reut – ich beicht es mit zerknirschtem Sinn –

Daß nicht ich Hutten stets gewesen bin!

Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 435.
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Huttens letzte Tage, Engelberg