Abschiedslied

[241] An Esmarch.


1773.


Traurig sehen wir uns an,

Achten nicht des Weines!

Jeder schlägt die Augen nieder,

Und der hohen Freudenlieder

Schallet heute keines.[241]


Nun so soll ein Trauerlied

Dir, o Freund, erschallen!

Trinket jeder ihm zur Ehre,

Ach, und laßt der Trennung Zähre

In den Becher fallen.


Zeuch in fernes Land, und denk

Unsers Bunds hienieden!

Dort am Sternenhimmel, Bester!

Knüpft die Ewigkeit ihn fester!

Leb indes in Frieden!


Edel warest du und treu,

Fromm und deutsches Herzens!

Bleib es, Lieber! Edeln Seelen

Kann's an Freuden nirgends fehlen!

Und vergiß des Schmerzens!


Heilig war uns mancher Tag,

Mancher Abend heilig!

Freundschaft gab uns alles Gutes,

Freundschaft macht' uns hohes Mutes!

Ach! und schwand so eilig!


Nun noch eins zu guter Letzt,

Unserm Freund zu Ehren!

Heute sind wir noch vereinet!

Morgen, wenn die Stund' erscheinet,

Fließen unsre Zähren!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50, Stuttgart [o.J.], S. 241-242.
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