Scena II.

[57] ARIOPHILUS mit einem Geldsakke. Juch / Juch / Hop / Hop etc. Courage. Ich habe Geld über Geld. Damit will ich mir manchen guten Cameraden erkauffen. O wie zitterlich zählte der alte Vater? Aber es half nichts. Er furchte sich vor den Soldaten. Nun solls courage und lustig zugehen.


Gehet ab.

Moriones nehmen etwas vor.
[57]

ARIOPHILUS kommt wieder. Ich habe meinen treuesten Cameraden die 500. Kronen auffzuheben gegeben. Vnd fie / als redliche Kerls / haben mir versprochen / Leib und Leben vor mich zu lassen. Etliche haben schon umb Dienst bey mir angehalten / wenn ich ins künfftige werde General werden.

MORIO. General über die Narren / oder General- Narre.

ARIOPHILUS. Wer ist der Coujon, daß er sich nicht schämet / einem künfftigen Generaln so trutzig unter die Augen zu treten.

MORIO. Wenn es E. Excell. wissen wollen / so bin ich der in aller Welt bekandte und berühmte Frantzoß Jean Putage. In Teutschland aber nennet man mich Hans Supp.

ARIOPHILUS. Was plauderst du aber von Narren?

MORIO. Weil mich die Narren alle so sehr lieben / rede ich gern von Narren.

ARIOPHILUS. Ich verstund aber / du hättest mich einen General über die Narren geheissen. Wo dem so ist / so stoß ich dir diesen Degen durch den Leib.

MORIO mit zittern. E. Excell. vergebe mir / denn hiervon hat mir nie getreumet. Ich halte E. Excell. vor den aller[58] vortrefflichsten Cavallier / den die Sonne unter dem Himmel bescheinet.

ARIOPHILUS. Ja / das klappet anders.

MORIO zu den Zusehern. Er ist doch ein Ertz-Narr.

ARIOPHILUS. Was sagst du wieder von Narren?

MORIO. Ich sagte / daß ich E. Excell. Hoffnarre werden wolte.


Hier springen zweene Cameraden hervor.


DER ERSTE CAMERADE. Glük zu / Herr Bruder / künfftiger Herr General. E. zukünfftige Excell berge ich nicht / daß die Mahlzeit aufs köstlichste bereitet / und die berühmte Dame sich schon eingestellet. Wird also eine Nohtdurft seyn / derselben bey Zeit auffzuwarten. Schwinde! Schwinde / ehe ein ander Galan kommet.

ARIOPHILUS. Mein Camerade / ich folge dir auf dem Fuße / und gehe gleich nach dem Gasthofe. Chargire mir doch zu gefallen diesen Narren.


Gehet ab.


MORIO weiset auf ihn / und spricht. Diesen Narren / der dahin gehet.

DER ERSTE CAMERADE. Meinest du denn etwa meinen Herren Bruder?[59]

MORIO. Es kan wohl seyn. Ich habs aber vergessen.

DER ANDERE CAMERADE. Das soll dich deinen Kopf kosten / wenn du diesen Cavallier vor einen Narren achten woltest. Er hat über 500. Kronen paar Geld.

MORIO. Es hat mancher Narr wohl mehr. Ich aber will lieber ein kluger / weiser / und vorsichtiger Mann seyn / und nicht viel Geld haben / als viel Geld haben / und ein Narr seyn.

DER ANDERE CAMERADE. Bist du denn kein Narr?

MORIO. Bist du denn kein Narr?

DER ANDERE CAMERADE. Siehe da / Narre / schwärmest du?

MORIO. Siehe da / Narre / schwärmest du? Was wilst du denn?

DER ANDERE CAMERADE. Wer sich unter Narren menget / dem gehet es närrisch.

MORIO. Das erfahre ich an euch beyden ietzo wohl.

DER ERSTE CAMERADE. Gieb dem Narren eine Maulschelle.

MORIO auff den ersten weisende. Gieb dem Narren eine gute / derbe / wohlgefürterte Maulschelle.[60]

DER ERSTE CAMERADE. Ich sehe wohl / er ist ein Ertznarre.

MORIO. Der ist ein Ertznarre / der das köstlichste Ertz oder Gold in andere Hände giebt.

DER ANDERE CAMERADE. Hör / Herr Bruder / der Kerl redt klug genug. Es muß kein alberer Narr seyn.

MORIO. Ja / ich bin auch keiner.

DER ANDERE CAMERADE. Warumb hast du aber ein Narrenkleid an?

MORIO. Damit ich andere desto besser zu Narren machen könne.

DER ANDERE CAMERADE. Komm mit uns zum künfftigen General. Ich muß heunt noch Brüderschafft mit dir machen.

MORIO. Ja / ja / gar gern. Ich folge dem Herren Bruder.


NB. Hier wil keiner vorgehen.

Endlich gehen sie ab.


MARTIS HOFFMEISTER. Lieber Ariophile, ich sehe / daß du gar zu plump in den Krieg bist / und dir selber nicht recht vorstehen könnest. Derowegen hab ich nöhtig erachtet / dir eine gute admonition zu geben. Wirst du sie wohl auffnehmen / so hast du Nutz und Frommen; wo nicht / so hast du Schimpf / Schande und Schaden davon zu gewarten. Ein Soldat muß nicht iedermanne[61] / der ihm gute Wort giebet / glauben. Denn so Falschheit in der Welt überall zu finden ist / so ist sie absonderlich im Kriege zu befinden. Sehen etliche Soldaten / daß eines guten Kerls / der Geld hat / zu geniessen ist / so warten sie ihm so lange auf / biß sie ihn drum bracht haben. Darnach lachen sie seiner / und geben ihm wohl gar Stösse darzu / wenn er sich deswegen beschwehret. Weil ich denn schon gehöret / daß du ein ansehnlich Stük Geld von deinen Eltern bekommen / so siehe dich wohl für / und hüte dich / daß du nicht durch falschgesinnete Cameraden / die sich bey dir anpartiren möchten / drum gebracht werdest. Hast du so dann nichts / so wird dir niemand etwas geben / wenn du auch gleich betteltest. Ja Mars würde dich wohl gar prügeln lassen / daß du ein so ansehnlich Stük Geldes so liederlich verschertzet hättest.

ARIOPHILUS. Meinet ihr denn / mein Herr Hofmeister / weil er Martis Hofmeister heißt / daß er auch mein Hofmeister seyn müsse? Was hat er sich um mich und mein Geld zu bekümmern?

HOFMEISTER. Wem nicht zu rahten ist / dem stehet auch nicht zu helfen. Du wirst schon künfftig an mich gedencken.


Quelle:
Johann Sebastian Mitternacht: Dramen. Tübingen 1972, S. 57-62.
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