Ein Gedicht Walters von der Vogelweide

Unter der Linden,

an der Heide,

da unser zweier Bette was,

da möget ihr finden

hold sie beide

gebrochen Blumen so wie Gras.

Vor dem Walde in einem Tal

tandaradei!

lieblich sang die Nachtigall.


Ich kam gegangen

zu der Aue,

da schon mein Trauter kommen hin.

Da ward ich empfangen,

hehre Fraue,

daß ich noch immer selig bin.

Küßt' er mich? Wohl tausend Stund.

tandaradei!

Seht, wie rot mir ist der Mund!
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Da hat er gemachet

mir und sich

von Blumen eine Bettestatt.

Des wird noch gelachet

inniglich

kommt jemand an den selben Pfad.

Bei den Rosen er wohl mag

tandaradei!

merken, wo das Haupt mir lag.


Daß er bei mir lag,

wüßt' es einer,

(nun, behüte Gott!) so schämt' ich mich.

Was er mir pflag –

keiner, keiner

befinde das, als er und ich,

und ein kleines Vogelein:

tandaradei!

Das mag wohl getreue sein.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 7, Basel 1971–1973, S. 47-50.
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