Freundschaft und Zärtlichkeit.

[128] Das Pfand der Liebe war nun da – Hartknopfen war ein Sohn gebohren, und das feste Band der Ehe war noch unauflöslicher zugezogen.

Der Herr von G.... übersandte ein reiches Angebinde, weil er Schwachheit halber als Taufzeuge nicht zugegen seyn konnte.

Kersting aber feierte mit Hartknopfen diesen Tag in hohem Freundschaftsgenuß; er drückte ihm oft bedeutend die Hand – und Hartknopf sah in ihm eine feste Stütze bei allen Widerwärtigkeiten des Lebens, einen sichern Gewährsmann und Bürgen für seine Ruhe. –

Zartere Bande knüpften ihn nun an Weib und Kind, aber stärkere an seinen Freund, an den er sich im Sturm und Ungewitter hielt.

Die Freundschaft nimmt die Zärtlichkeit in ihren Busen auf, und schützt sie gegen die rauhen[129] Stürme, und gegen den kalten Hauch der Luft. –

Die Freundschaft verbirgt die Zärtlichkeit in den ernsten Stunden, wo sie unerbittlich und strenge die Mine des Hasses annimmt.

Sie ist höher als die Zärtlichkeit, daurender als die Liebe, stark wie die Tugend, und mächtig wie der Verstand. –

Quelle:
Karl Philipp Moritz: Andreas Hartkopf. Prediger Jahre, Berlin: Johann Friedrich Unger, 1790. , S. 128-130.
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