Der ander buntgenoß.

Von dem fasten der xl. tag vor Ostern vnd andern /wie damit so yemerlich würt beschwert das Christenlich folck.

[126] Ich hört auch zů disem spil,

So man zů dantz vnß geigen wil,

Dan ich hab etwas für mich genumen;

Wan es würt zů dem selben kumen,

So hab ich ein gůten tagen gethon,

Darzů von allen narren lon.

Das fasten ich wil dilcken ab,

Mein gůter gromen starb darab;

Ich hab des groß erfarenheit.

So man dem roß kein fůter leit

Vnd gibt dem armen vil zů fasten

Vnd laßt sie in lerer kripffen naschen,

So nimpt es ab / am leib verfelt,

Das man im leib alle rippen zelt.

Solt dan ein mensch nit nemen ab,

So offt ein fihe verschwint darab?

Die fasten můß sein ab gethon,

Ein yßner ochs stürb daruon.

Solt dan ein fleischig mensch nit sterben,

Von langem fasten auch verderben?

Fasten vil beschwerden mit im treit

Vnd thůt ser der cristenheit.

So sein auch vil schwanger buren,

Die ietz vff ostereyer huren:[126]

Solt man in den fasten gebieten,

So möchten sie es doch nit vß brieten.

Wa hetten wir dan iunge hennen

Zů den ostern vff den dennen?

Was dörffen wir den babst drumb fragen,

So wir gern essen in den kragen

Vnd kritzlet vnß im leib der magen?

Vnd solten erst gen Rom drumb lauffen,[127]

Eyer / butter vnd keß ynkauffen?

Ee das wir wider kemen dan,

Des hungers fieren wir daruan.

Warumb laufft der wolff auch nit dar,

So er ein schaff frißt vß der schar

Oder hiener vß dem kasten,

Vnd frißt solch fleisch auch in der fasten?

Sol ein wolff me freihet han

Dan ein frumer cristen man?

Das kan ich warlich nit verstan.

Der babst gebiet es den wölffen vor!

Wan sie das halten bei einem hor,

So wöllen wirs dan got lon walten

Vnd wöllen auch die fasten halten.

Sol ich milch, auch keß vnd eyer,

Fasant / rephiener vnd die reyer

Kauffen, wa sie kumen zůsemen,

So wil ichs vff dem fleischmarckt nemen

Vnd selber mir von den beurin kauffen,

Nit erst darumb gen Rom lauffen.

Ee das ein man gen Rom drumb laufft,

So hat ers vff dem fleischmarckt kaufft.

Darumb gib ich ein trüwen rat:

Wer vormals ie gefastet hat,

Der stel sich her an mein stat;

Laß fasten fürt den ritten hon,

Ein tüffel starb ein mal daruon!

Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 126-128.
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