Der fierd buntgnoß.

Von dem langen verdrüssigen geschrei / das die geistlichen / münch / pfaffen vnd nunnen die

siben tagzeit heissen.

[131] Ich wil mich selbs hie her stellen

Zů disen mein gůten gesellen,

Die schlaffen lang / nüt betten wöllen.

Ich wil der pfaffen lang gebet,

Das in der babst gebotten het,

Das man nent die vbel zeit,

Darzů man so vil glocken leit,

Wir wöllen das selbig singen, blörren

Vnd das murmlen nit me hören.

Es ist doch alles on verstant

Vnd ein fast vnleidlichs bant,

Damit der babst sie hat bezwungen,

Vff langs gebet so hart gedrungen.

Ab / ab / thůn mir ein strich dardurch,

Als groß der acker hat ein furch,

Das iederman das sehen kan,

Das ich es ab gelöschet han.

Es hindert vnß an andern sachen,

Die wir sunst möchten nützlich machen:[131]

Strauben oder küchlin bachen.

Es hat doch Christus selbs, der hort,

Vff erd gemacht ein kurtzes wort.

Lange bratwürst vnd senff darzů;

Got geb, was langes betten thů!

Nach der füle am bet ein rů.

Ee das wir betten vnd da sitzen,

So möcht doch einer ein löffel schnitzen[132]

Oder sunst die badstub yn hitzen.

Darumb, ir münch vnd auch ir pfaffen,

Lassen ab das gebet vnd euwer klaffen.

Es müst ein schlechter tüffel sein,

Dem euwer gebet ein seel nem hin.

Sein sie in dem himelreich damit,

Was dörffen sie dan euwer bit?

In der hellen gilt es nit.

Wer hat die cristen das gelört,

Das got euwer gebet da oben hört?

Es ist hinuff wol tusent meilen,

Wie kan er hören euwer heilen?

Meinen ir, das er solche oren hab,

Die sich erstrecken biß herab?

So weren kein esel in dem land,

Die gröser, lenger oren hand.

Warumb erhört er euwer bit?

Er kent doch euwere genß nit.

So fieren ir wol ein solchs leben,

Wan er schon wolt vff bitten geben,

So dörfft es nit vil weiters fregen,

Er thet es nit von euwert wegen,

Verflůcht alles, was ir segen,

Ja wölten ir scheinen / würd er regnen.

Ich wil verzeihen frisch vnd frei

Vff alle euwere betterei,

Das es mir nur nit schedlich sei.

Wan ich mein seel vffgeben hab,

So gon durch got nit vff mein grab;

Ich wil darumb euch geben golt,

Das ir darab bleiben solt.


Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 131-133.
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