wie der luther on alle sacrament sterben wil.

[262] Luther.


O Murner mein, die stund ist kumen,

Das ich mein tag hab ein genumen!

Hie endt sich gotz barmhertzikeit,

Sein rechtlichs vrteil ist bereit.

Meins lebens ist nit me vff erden.

Es můß ietzund gestorben werden.

Das aller grusampst ist der dot,

Menschlichem gschlecht die gröste not.

So ich mich nun entsetz darab.

Wa ich dich ie erzürnet hab,

Ist mein höchste bit an dich,

Mir das verzeihen gnedigklich;

Darzů an meinem letsten end

Mit deinem trost nit von mir wend.

Des bit ich got im himelreich,

Das er dir solchs mit lon vergleich.


Murner.


Wer ist vff erden, der nit hat

Mitleiden, so es vbel gat?

So nun dir kumpt dy letste not,

Vnd dich dein geist vf erd verlot,

So verzeihe dir auch got!

Vnd ich verzeihe dirs alles sandt,

Was ir nur ie begangen handt,

Das selbig als verzigen ist

Durch den lieben reichen crist,[262]

Das er mir auch mein sünd verzeihe

Vnd vätterliche gnad verleihe.

So du aber begerst damit,

Das ich in trost verlaß dich nit,

So sei meins trosts der anefang,

Dich zů sumen hie nit lang.

Dein sünd zů beichten rat ich dir,

Es kumpt dir wol ia, folgstu mir.[263]

Du hast ein widerwertigkeit

Gerüstet vff der cristenheit;

Das laß dir sein von hertzen leidt!

So rat ich dir zům andern mol,

Dich vff den weg zů speisen wol

Mit dem heiligen sacrament,

Das got dir geb ein seligs endt

Dir günnen wöl das himelbrot

Zů stür vnd hilff vß aller not.

Zům dritten lůg vnd selbs erwöl

Das sacrament vnd heiligs öl,

Das du in krafft der dreier ding

Von hinnen farest leicht vnd ring.

Kein andern trost kan ich dir geben

Am letsten end in disem leben,

Vnd weitern trost erwart von got,

Den er dir geb nach diser not.


Luther.


Got wöl dir dancken ewigklich,

Das du in dem erleichtrest mich

Vnd al mein vbeldat laßt ligen,

Ja dir gethon hast gar verzigen.

Das ich sol aber beichten mit,

Thů ich vff diser erden nit.

Die pfaffen, den man beichtet hie,

Die hat doch got erstifftet nie;

Irem priesterthům der tüffel hat

Vff diser erden geben stat,

Der selb hat es auch als erdicht,

Darumb ich inen beichte nicht.

Doch wil ich got mein sünd veriehen,

Der würt mir sie wol vbersehen,

Wan sie mir sein von hertzen leid,

Durch sein gruntloß barmhertzigkeit.[264]

Das heilig brot vnd sacrament,

Das wil ich nit an meinem ent,

Das euwere priester geopffert hent;

Dan ich haltz nur für ein testament.

Die ölung, die du mir wilt geben,

Die nim ich nit / dan merck mich eben,

Das ist kein sacrament fürwar

Jetz diser seit vnd was nit vor.

Der pfaffen geit vnd wůcherei,

Die hon die ding erstifftet frei,

Vff das in iren sechel kum

Alle güter vmb vndumb;

So machen sie kein menschen frum.


Murner.


Es gilt warlich nit disputieren,

Von sacramenten reden fieren!

Der dot ist hie, gib kurtzen bscheidt:

Ist es dir von hertzen leit

Die vffrůr in der cristenheit

Vnd zwitracht, die du hast gemacht?

Sprich ia vnd nein, hie kurtz bedacht!

Wiltu dan beichten zů dem dot,

Begerst das sacramentisch brot

Vnd die ölung auch darzů,

So wil ich lůgen, das ichs thů,

Darin die gemein cristenheit

Ir hoffnung setzt vnd seligkeit,

Als von cristo selbs erstifft

Lut der heiligen gotz geschrifft.

Woltstu die selben nit erkennen

Vnd schiedst on die sacrament von dennen,

Vnd meinst, du woltst ir nit bedörffen,

Ich wolt dich in ein scheißhuß werffen

Vnd mit luter dreck begraben,[265]

Da andere keiben ligen vergraben.

Das möcht ich thůn mit billicheit,

So dir dein sünd nit weren leit;

Vorab, das du die sacrament

Hast ab gethon, darzů geschent,

Darin wir vnser hoffnung hent.

Doch rieff die můter gottes an,

Das sie dir wöl ietzund bei stan;

Es wil doch an ein scheiden gan.


Luther.


Kvrtz ab, ich scheid von diser welt!

Der sacrament mir keins gefelt,

Die du mir oben hast erzelt,

Ich halt nichtz druff vnd wil ir nit.

Mariam auch darzů nit bit.

Sie ist ein mensch, als andere sint,

Ob sie schon auch ist gottes frint,

Als andere heiligen alle sant.

Was künnen sie mir thůn beistant?

Ich ken kein heiligen me dan got;

Daruff nim ich ietzund mein dot.

Nim, her, mein seel in diser not!

Alde, far hin, du öde welt,

Bei got erhoff ich widergelt!


Murner.


Es můß billich gescheiden werden,

Wie ein mensch hie lebt vff erden.

Der luther hat kein andere freit,

Dan die fridsam cristenheit

In ein solchen zwitracht bringen.

Nun hat er lon der bösen dingen!

Als ins scheißhuß mit dem man,

Der kein sacrament wil han

Vnd fart vngleubig hie von dan![266]

Ins scheißhuß hört ein solcher keib,

Dem nie kein boßheit vber bleib.

Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 262-267.
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