Bernhard, Herzog von Sachsen,

an den Herzog von ***

1210.

[342] Ich muß mich mit Eurer Erklärung brfriedigen; Gott gebe, daß euer eigenes Gewissen sich damit beruhigen läßt, es ist hier eine Kette von Schrecknissen, davon allemal das erste Glied in eurer Hand war.

Philipp, Wittelsbach, Graf Adolph, seine Schwester, die arme Beatrix, welche nur vier Tage den Namen einer Kaiserin führte, und vielleicht mehrere andere, haben ihr Schicksal den Unordnungen zu danken, welche ihr in den Euch anvertrauten Geheimnissen einreissen liesset. Die Möglichkeit, der guten Sache auf die Art zu schaden, wie bereits geschehen ist, muß euch auf ewig benommen werden, ihr sehet selbst, daß Entsetzung von Eurer Stelle eine sehr mäßige Strafe des Bösen ist, das ihr veranlasset, und das für uns und die Welt unwiederbringlichen Schaden nach sich zieht. Wer vernichtet das, was auf die von uns erlauschten Heimlichkeiten erbauet ward? wer benimmt den arglistigen Römern die Mittel, hinfort noch mehr Unkraut unter unsern Waizen zu säen?[342]

Fortan müssen unsere Gesetze geschärfter und heiliger gehalten werden. Bruch der Verschwiegenheit, dessen der unglückliche Pfalzgraf und ihr, Gott weiß ob so unschuldig als er, euch erkühntet, werde gleich jedem andern unablöslichen Verbrechen vor unserm Gericht mit dem Tode bestraft.

Wer sich erkühnt unsere heiligen Gebräuche nachzuäffen, und unter dem Namen unserer Gerechtigkeit Unheil zu stiften, der sterbe!

Wer eigene Rache unter der Maske der heimlichen Rächer ausübt, der sterbe ungewarnt und wo man ihn findet!

Wer den Richter zu blenden sucht, den Schuldlosen mit seinem Namen schreckt, oder den Verbannten warnt, der sterbe! –

Mein Herz blutet, ob den fürchterlichen Gesetzen, welche die Stellvertreter der göttlichen Gerechtigkeit zu geben, und ich zu bestättigen genöthiget bin; ich zittre vor dem Unheil, das der Misbrauch derselben in die Welt führen wird, aber die Noth heischt was wir thun müssen; Euch sey ein Theil der künftigen Verfassung unsers Rechts zuerst kund gethan, damit ihr eure begangenen Vergehungen schätzen, und euch prüfen lernt, ob euch noch gelüstet länger in unserm Bund zu bleiben, in welchem ihr ohne dem jetzt nur eine der untersten Stellen behaupten könntet.[343] Wollt ihr euch gänzlich von uns trennen, wie ich euch wohl rathen möchte, so hütet euch vor den Römern, dauert eure Vertraulichkeit mit denselben fort, so wird euch die Rache, wie jeden andern, der nicht zu unserm Bunde gehört, zu treffen wissen. Ihr neues Gericht soll unserer Allwissenheit nachäffen, aber schützen kann es den nicht, welcher unser Misfallen auf sich lud.

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 342-344.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)