Der Pabst an den Herzog von Zähringen.

1201.

[83] Den Pfalzgrafen Otto, welcher neulich ein kühnes Schreiben an uns abgelassen hat, kennen wir nicht, und wir richten also die Beantwortung jenes Briefs, die uns dennoch nöthig dünkt, weil sie gemeine deutsche Fürsten angeht, an euch, den wir kennen und schätzen.

Wie kommen doch die Erben und getreuen Söhne der Kirche auf den Wahn, als wollte die liebende Mutter Freyheiten beschränken, und Rechte schmälern, welche ihre Kinder ja zuerst aus ihren Händen erhielten? Kam nicht das römische Reich durch Hülfe des apostolischen Stuhls in der Person Karl des Großen zuerst an euch Deutsche? und könnt ihr wähnen, der Statthalter Christi wollte euch mit einer Hand[83] wieder nehmen, was er euch mit der andern schenkte? – Das sey fern! Aber gönnen wir euch von der einen Seite die Macht, den zu eurem König zu ernennen, den ihr selbst wollt, so dürft ihr uns auch von der andern das Recht nicht bestreiten, den zu prüfen, den wir salben und krönen sollen, wie auch denn bekannt seyn wird, daß kein deutscher Fürst ohne päbstliche Salbung und Krönung, das ganz ist, wozu ihr ihn wählt, und daß unsere Weihe eurer Wahl allererst das Siegel aufdrückt.

Es ist eine allgemeine Regel und Observanz, daß der, welcher geistlicher Handauslegung und Weihe bedarf, sich zuvor geistlicher Prüfung unterwerfen muß, so hält es die heilige Kirche bey den kleinsten Aemtern und Bestallungen, so muß es auch bey den größten bleiben, selbst der Pabst muß getauft werden, ehe er die dreyfache Krone tragen kann, wie sollte sich der deutsche König der Prüfung entziehen dürfen? Ihr könntet uns ja sonst einen Kirchenräuber, einen Verbannten, einen Tyrannen, einen Blödsinnigen, einen Ketzer oder Heiden zur Salbung vorstellen, und uns zumuthen, an ihm das heilige Oehl zu entweihen. Urtheilet nun selbst, ob wir in Ansehung eures Königs Herzog Philipps von Schwaben, was Prüfung und Entscheidung anbelangt, widerrechtlich verfahren haben, und gestehet, daß unser[84] Legat, der Bischof von Präneste, keinesweges, wie ihr ihm beymesset, sich ein richterliches Ansehen über euch angemaßt, weder einen König für euch gewählt noch verworfen, sondern nur in unsern Namen erklärt habe, was wir von eurer Wahl halten, und was wir hiermit nochmals erklären und bekannt machen, daß, ihr mögt von Philipp und Otto, Heinrich des Löwen Sohn, nun denken was ihr wollt, doch immer der erste nach unserm untrüglichen Urtheil untüchtig, der andere vor allen Fürsten des deutschen Reichs würdig seyn wird, Kron und Salbung aus unsern Händen zu erhalten4. ect. etc.

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 83-85.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)