Pfalzgraf Otto an den Pabst.

1201.

[80] Zwar pflegt ein deutscher Fürst immer lieber das Schwerd als die Feder zu gebrauchen, doch darf er, wenn es das Wohl des Reichs und der Wille gemeiner Fürsten erfordert, auch den Gebrauch der letzten nicht versäumen. Unglücklicher Weise bin ich unter uns allen derjenige, welcher dieses Werkzeug der Gelehrten mit der meisten Fertigkeit führt, und ich muß mich also zu einer Arbeit verstehen, die ich gern jedem andern überlassen haben möchte.[80]

Das was ich dem Oberhaupt der Christenheit mit all der Ehrfurcht vorzutragen habe, die ich und wir alle gegen desselben fühlen hat nicht so wohl die gekränkten Rechte Kaiser Philipps, an den man mich durch besondere Bande gefesselt halten möchte, als einige Eingriffe in die Freyheiten des deutschen Reichs zum Gegenstand, die wir von Rom her erfahren mußten, und die sich auf keine Art verschmerzen lassen.

Wo denkt Sankt Peter hin, daß er uns nach seinem Gefallen einen König aufdringen will? Wo wagte es je einer der uralten frommen Bischöfe von Rom, die noch in der Demuth ihres himmlischen Meisters einhergingen, sich in weltliche Dinge zu mischen, und bey der Kaiserwahl eine Stimme zu fordern? Daß Kaiser Päbste wählen, ist bekannt, aber Kaiser zu wählen hatte man nie den Beytritt eines Pabstes nöthig. Ließen die Kaiser zuweilen aus christlicher Bescheidenheit das Recht aus der Hand, das sie hatten, bey der Pabstwahl im entscheidenden Ton zu sprechen, wie soll man die Kühnheit benennen, mit welcher sich der römische Hof Rechte anmaßt, welche er nie besaß, auch nie mit unserm Willen erlangen wird?

Wär ich in künstlichen Wortverschränkungen geübter als ich es nicht bin, so würde ich[81] annehmen, Innozens der Dritte könne unmöglich etwas von den Dingen wissen, die kürzlich zu Kölln vorgegangen sind, und ihm klagend berichten, welchen Frevel der Bischof von Präneste daselbst geübt, indem er sich wider alle Reichsordnung in die römische Königswahl gemischt hat; doch es ist bekannt, daß euch dieses nicht unbewußt ist, und daß Guido, indem er zu Kölln den Herzog von Braunschweig zu unserm König bestättigte, nichts that als euren Willen.

Unmöglich dünkte es uns, schon des heiligen Vaters letztes Schreiben zu verschmerzen, und noch unmöglicher ist es uns, die letzte Vorlegung unserer Reichsrechte gleichgültig anzusehen; den schiedsrichterlichen Ton des ersten mochten wir vielleicht einigermaßen verschuldet haben, weil wir selbst auf gewisse Art euch zu Rath und Urtheil aufforderten; aber wodurch haben wir dem kühnen Bischof von Präneste Anlaß zu seinem eigenmüthigen Verfahren gegeben? Wir bitten euch, heiliger Vater, ruft ihn zurück, erklärt sein Beginnen für null und nichtig, oder laßt es euch nicht befremden, daß wir dasselbe, indem wir es blos aus Achtung gegen euch ungeahndet lassen, gänzlich auf die Seite setzen, und zum Kaiser behalten, wer uns, nicht wer einer fremden Macht recht dünkt. Wahrhaftig,[82] wir würden eine schwere Verantwortung auf uns laden, wenn wir den, der nur in geistlichen Dingen richten kann, in weltlichen als Richter erkennten und ihm dadurch neue Gelegenheit zu pflichtwidriger Anmaßung fremder Rechte gäben.

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 80-83.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)