Vierzehnte Szene

[41] 1.2.3.4.

Die Vorige;Die Vorige;DieDie

dann Robert,dann Fad,VorigenVorigen

dann Brausdann Edmund


Phlegmatisch.


FAD aus der Seitentüre kommend. Du, ich glaub', der Edmund is da.

EDMUND zur Mitte eintretend, sehr gelassen in Ton und Manieren. Papa, ich küss' die Hand. Wie geht's denn dir, Agnes?

AGNES. Ich dank' dir, so, so!


Melancholisch.


GUIDO zu Irene. Meine Schwester, mit inniger Wehmut erfüllt mich dein Anblick.

IRENE. O, du weißt nicht, was ich leide!


[41] Phlegmatisch.


FAD sehr ruhig. Na, mich g'freut's recht, daß ich dich nach drei Jahren so gesund wiederseh'.

AGNES zu Fad. Er ist g'sund, aber Sie werden krank werden, wenn Sie sich so der ungestümen Freud' überlassen.


Melancholisch.


TRÜB mit tiefem Schmerz. Guido! Eilt, sein Gefühl unterdrückend, in die Seitentüre ab.


Sanguinisch.


FELIX. Wie ist's denn dir immer gegangen, Marie?

MARIE. Kann's einem jungen, reichen, hübschen Mädel anders gehn als gut?

FELIX. Na, das freut mich!


Cholerisch.


ROBERT ungestüm zur Mitte eintretend. Der Teufel hole die Postpferde! An ihre morschen Knochen sind die Wünsche des Passagiers gefesselt. Feuer soll alles treiben, nichts als Dampf wägen sollen sein, aber diesmal hatten bloß die Pferde den Dampf.

WALBURGA noch am Ofen. Robert! Mein Bruder!

ROBERT. Grüß dich der Himmel! Was machst du da?


Sanguinisch.


FROH. Ich muß nur g'schwind schaun, ob ich noch ein' Champagner heroben hab'. In die Seite ab.


Phlegmatisch.


AGNES. Papa, solche Szenen greifen Sie zu sehr an, gehen S' hinein!

FAD. Du hast recht. Geht in die Seitentüre ab.


Cholerisch.


BRAUS aufgebracht aus der Seitentüre tretend, zu Robert. So? Ist er endlich angekommen, der Herr[42] Sohn? Hübsch langsam – natürlich! Wozu braucht's da Eile? Ob man den Vater einige Stunden früher oder später sieht, was liegt da dran? Hättest ganz wegbleiben können! Wenn dir an mir nichts liegt, mir liegt gewiß noch weniger an dir.

ROBERT. Sie tun mir unrecht, Vater, ich habe auf jeder Station geflucht vor Ungeduld, wie nur der bravste Sohn fluchen kann. Die Postillons, die Pferde –

BRAUS. Still! Es ist nicht wahr!

ROBERT. Ich lüge nie, Vater! Ich wüßte nicht, warum ich jetzt lügen sollte.

BRAUS. Du wagst es, mir zu widersprechen? Aus meinen Augen, ich will nichts mehr wissen von dir.

ROBERT. Aber, Vater –

BRAUS. Kein Wort, ich werd' dich lernen, den Vater respektieren! Geht wütend in die Seitentüre ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 3, Wien 1962, S. 41-43.
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