Neunzehnte Szene

[56] 1.2.3.4.

(Bühne frei)Fad, Trüb alleinSchlankel


Sanguinisch.


SCHLANKEL hervorkriechend. Ich könnte jetzt die schönste Reisebeschreibung durch die Wildnisse der Todesangst herausgeben. Was der Mensch unterm Tisch empfinden kann, das denkt sich kein Mensch,[56] der beim Tisch sitzt – ich hab' es gefühlt! Kein Wunder, wenn jede Faser in mir, die vor zwei Minuten in Todesangst gezuckt hat, jetzt vor Passion auf Revanche erglüht. Ich war immer Schutzgeist der Liebe, wenigstens sooft was herausgeschaut hat dabei, jetzt muß ich als böser Dämon handeln, als Rachegespenst, als eumenidische Furie! So weit können die Verhältnisse einen Balbierer bringen! Zur Mitte ab.


Phlegmatisch.


FAD schmauchend. Soll mein Sohn jetzt was werden? Ich bedaure ihn! Jedes Amt is eine Plag'. Soll er heiraten? Ledig sein, reich sein und nichts sein, das zusammen bildet den kommodesten Stand. Was hätt' er davon, wenn er eine krieget, so a boshafte Meerkatz'?


Melancholisch.


TRÜB unverwandt seine Blicke auf das Bild heftend. Das war sie! Das Abbild eines Engels, wie sie hier vor mir im Bilde steht.


Phlegmatisch.


FAD. So a Person, so a fade!


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 3, Wien 1962, S. 56-57.
Lizenz:
Kategorien: