Siebzehnte Szene

[133] 1.2.3.4.

Herr von(Bühne frei)TrübFroh, Isabella,

Schlaf,danndann

Walburga,Schlankel,Schlankel,

danndanndann

HutzibutzHutzibutzHutzibutz


Cholerisch.


WALBURGA tritt zur Mitte ein. Der Vater noch nicht zu Hause, das ist gut! Eilt in die Seite ab.


Sanguinisch.


FROH unruhig auf- und niederschreitend. Bella, was sagt denn Sie dazu?

ISABELLA. Ich? Ich kann da gar nichts sagen, etwas kurios kommt mir die Sach' vor.

FROH. Nicht wahr? Etwas sehr kurios von der Frau von Korbheim und diesem Mussi Guido!


Cholerisch.


HUTZIBUTZ tritt durch die Mitte ein, er hat ein Häferl mit Farbe, einen Pinsel und ein Stück Holz in der Hand, betrachtet Schlaf, welcher fest fortschläft. Er scheint im tiefen Schlummer zu liegen – der also soll blattermaset sein? – Drunten haben wir g'mal'n und hier oben wird gespritzt! Hält in der linken Hand das Holz, in der rechten den Pinsel und besprengt nach Art der Zimmermaler Schlafs Gesicht mit Farbe.


[133] Melancholisch.


TRÜB aus der Seite kommend. Er hat recht – es ist unverzeihlich! Schwarz, ja – ja – schwarz sollte es sein! Wo ist denn –? Sieht das Bild an die Wand gelehnt. Wer hat es denn an die Wand gelehnt?


Cholerisch.


HUTZIBUTZ. Wenn der jetzt nicht gehörig ausschaut, dann sei meine Schuhbürsten von Samt. Zur Mitte ab.


Melancholisch.


TRÜB hat das Gemälde umgedreht und sieht, was daran geschehen ist. Ihr Mächte des Himmels, wer hat mir das getan?

SCHLANKEL tritt zur Mitte ein. Was is denn g'schehn, Euer Gnaden?

TRÜB verzweifelt nach dem Bilde deutend. Das Entsetzlichste, das Gräßlichste!

SCHLANKEL sich erstaunt stellend. Was Teufel –! Tritt dem Bild näher. Das riecht von Stiefelwichs, das rührt vom Hutzibutz her!

TRÜB. So hat sich denn alles zu meinem Untergang verschworen –?


Sanguinisch.


FROH. Die Freundlichkeit mit dem jungen Menschen raucht mir in die Nasen.

ISABELLA für sich. Zappelt schon an der Leimrute!


Melancholisch.


HUTZIBUTZ tritt unbefangen zur Mitte ein

SCHLANKEL zu Hutzibutz. Der Herr von Trüb will was reden mit dir. Zur Mitte ab.


Sanguinisch.


FROH zu Isabella. Wenn ich nur wüßt', ob der Schlankel schon bei ihr war, bei der Frau von Korbheim!

SCHLANKEL zur Mitte eintretend. Ja.

FROH. So? Und nix bemerkt?[134]

SCHLANKEL verschlagen. Etwan wegen Guido? Na – jetzt, sie protegiert ihn, übrigens, inwiefern und inwieweit sich diese Protegierung erstrecken wird, das ist Sache der Zukunft.

FROH. Verfluchte Historie! Geht unruhig auf und nieder, Schlankel und Isabella hussen bisweilen durch kurze Worte und Achselzucken noch mehr an.


Melancholisch.


HUTZIBUTZ zu Trüb, welcher, in Schmerz versunken, ihn nicht bemerkte. Was wünschen Euer Gnaden?

TRÜB. Du nahst dich mir, Elender? Wer hat dir diese schwarze Tat in die Seele gehaucht?

HUTZIBUTZ. Hat es nicht Dero Beifall?

TRÜB. Ich möchte dich erwürgen, doch der Schmerz lähmt meine Kraft; ich möchte dich verfluchen, doch Tränen ersticken meine Stimme. –

HUTZIBUTZ. Ist das der Lohn der Kunst? Da geh' ich lieber, aber ich kann nix davor, ich war nur ein totes Werkzeug, der fremde Bräutigam von Euer Gnaden Ihrer Tochter hat mir fünfundzwanzig Gulden dafür geben.

TRÜB. Wie!? Der!?

HUTZIBUTZ. Meine Hände sind rein, das kann ich beschwören. Streckt die rechte Hand aus, die voll schwarzer Farbe ist, und geht zur Mitte ab.


Sanguinisch.


FROH eilt in die Seitentüre ab.

SCHLANKEL zu Isabella. Na, was sagen Sie, machen sich meine Plane?

ISABELLA. Ah, gehn S', Sie sind gar so ein intriganter Mensch!

SCHLANKEL. Das muß man sein!

HUTZIBUTZ tritt zur Mitte ein.

SCHLANKEL gewahrt ihn, für sich. So hat der Teuxel schon wieder den Hutzibutz da! Zur Mitte ab.[135]

HUTZIBUTZ vortretend, mit einem strafenden Blick. Er ging abermals von dir.

ISABELLA. Na ja, is denn das zu verwundern, wenn man in solchen Planen verflochten ist.

HUTZIBUTZ. Du scheinst zu vergessen, was ich doch so oft gesagt habe: daß ich es nur zum Scherze erlaubt!

ISABELLA. Ja, aber wie soll ich denn –?

HUTZIBUTZ. Zweimal hab' ich's schon bemerkt, wenn ich's noch einmal bemerke –

ISABELLA. Na – was ist's dann –?

HUTZIBUTZ mit großer Wichtigkeit. Dann hab' ich es zum drittenmal bemerkt! Zur Mitte ab.

ISABELLA. Ich muß lachen über den verruckten Hutzibutz. Zur Seite ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 3, Wien 1962, S. 133-136.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Cardenio und Celinde

Cardenio und Celinde

Die keusche Olympia wendet sich ab von dem allzu ungestümen jungen Spanier Cardenio, der wiederum tröstet sich mit der leichter zu habenden Celinde, nachdem er ihren Liebhaber aus dem Wege räumt. Doch erträgt er nicht, dass Olympia auf Lysanders Werben eingeht und beschließt, sich an ihm zu rächen. Verhängnisvoll und leidenschaftlich kommt alles ganz anders. Ungewöhnlich für die Zeit läßt Gryphius Figuren niederen Standes auftreten und bedient sich einer eher volkstümlichen Sprache. »Cardenio und Celinde« sind in diesem Sinne Vorläufer des »bürgerlichen Trauerspiels«.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon