Zwölfte Szene


[528] Thomas; Voriger.


THOMAS Seitentüre links eintretend. Stockan!

PUFFMANN. Höll' und Teufel!

THOMAS dummpfiffig lächelnd. Jetzt weiß ich, wo S' logieren.

PUFFMANN böse. Was is denn das, daß Er mir nachgeht?[528]

THOMAS. Meine Pflicht is's!

PUFFMANN. Ich bin da nicht zu Haus, bin nur eingeladen hier in G'sellschaft.

THOMAS. Und damit ich auch a G'sellschaft hätt', woll'n S' mir ein' Bär'n aufbinden?

PUFFMANN. Nein, im Ernst!

THOMAS. Ich weiß ja, wer Sie sein, lieber Herr.

PUFFMANN. Welcher Satan hat Ihm –?

THOMAS. Sie selber. Mit dem letzten Zehnguldenzettel haben S' mir z'gleich das Brieferl in d' Hand druckt. Zieht einen Brief aus der Tasche.

PUFFMANN das Briefchen nehmend. O, ich Quintessenz –!

THOMAS. Ich hab' nur die Adress' g'lesen; natürlich, was gehn mich Ihre Geheimniss' an!

PUFFMANN beiseite. 's größte weiß er so schon.

THOMAS sich im Zimmer umschauend. Aber Sie haben da ein Leben! Gutmütig drohend, da er in dem Wahn ist, Puffmann wollte sich in der früheren Szene, wie er in den Kahn springen wollte, in das Wasser stürzen. Ich begreif' nicht, wie Sie so was haben tentieren können.

PUFFMANN ängstlich. Schweig' Er, Freund – Verhältnisse –! Gibt ihm eine Banknote. Da hat Er was.

THOMAS. Ich bitt' – das is zu viel. Das Geld nehmend. Wenn ich jemals in die Lag' kommen sollt' –

PUFFMANN. Nein, nein, g'schenkt is g'schenkt.

THOMAS in seiner Rede fortfahrend. Daß ich anstünd' auf was, an kein' andern wend' ich mich als an Ihnen.

PUFFMANN. Gott gib's, daß Er nie auf etwas ansteht.

THOMAS. Sie sein ein seelenguter Herr.

PUFFMANN. Aber jetzt, lieber Zimmermann, Er wird am besten wissen, wo der Zimmermann 's Loch g'macht hat.

THOMAS. Ja, ja, es könnt' uns wer –

PUFFMANN auf den Mittelbogen zeigend. Geh' Er da hinaus, und wenn Ihn wer fragt, so hat Er mich aufgesucht und nicht getroffen! 's ist keine Zeit zu verlieren.[529]

THOMAS. Sie haben recht, ich muß da in der Nachbarschaft einen kranken Kameraden heimsuchen.

PUFFMANN halb für sich. Wenn die Krankheit nur epidemisch wär'!

THOMAS. Etwas damisch is's. – Das is noch vom letzten Sonntag her, da waren wir –

PUFFMANN. Lieber unerträglicher Freund, ich steh' auf Nadeln!

THOMAS. Ich geh' schon, ich hab' Ihnen nur woll'n erzähl'n, wie mein Freund, trotz dem festesten Vorsatz, nur ein halbes Seitel –

PUFFMANN immer ungeduldiger. Ich kann jetzt unmöglich –

THOMAS. Sie haben keine Zeit, is schad', denn es is sehr lehrreich, wenn man das hört, was aus ein' Vorsatz und was aus ein' halben Seiterl werden kann.

PUFFMANN. Er mortifiziert mich –

THOMAS. Ich weiß ja, was Art is; nur niemanden belästigen!

PUFFMANN indem er ihn nach dem Hintergrunde drängt. Na, das is schön.

THOMAS im Abgehen. Bin nur froh, daß ich weiß, wo S' logier'n.

PUFFMANN ihn hinausschiebend. Ich bin aber 's ganze Jahr nicht zu Haus. Zurückkehrend. Puffmann, was sagst du zu dem Mann? Jetzt heißt's laufen, daß ich das Aufdringlichkeits-Ungeheuer nicht nochmal begegn'. Stürzt in ängstlicher Verwirrung zur Seitentüre links ab.

Verwandlung


Gäßchen mit kleinen unansehnlichen Häusern. Im Prospekt links ein Haus mit beleuchteten Fenstern im ersten Stock. In der Mitte des Prospektes ein Haus mit breitem, offenem Tore, durch welches man in den Hof sieht. Weiter rechts ein Haus mit praktikablen Fenstern. An der Kulisse rechts ein Haus mit praktikablem Tor und Fenster im ersten Stock; an der Kulisse links ein Gasthaus mit praktikablem Eingang. Es ist später Abend, die Bühne vom Mond beleuchtet.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 4, Wien 1962, S. 528-530.
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