Sechzehnte Szene


[537] Hansi, dann Puffmann.


HANSI. Wenn's nur keine Finsternis gäbet, da müßten s' alle hin werd'n, die G'spenster, Sich auf den Eckstein neben dem Gasthaus setzend. denn die G'spenster leben von der Finsternis. Gähnt. D' Augen recht zudrucken, das is das beste – da – da verschwinden s' – alle nacheinand' – Schläft ein.

PUFFMANN von Seite rechts auftretend in großer Aufregung. Ich find' nix, ich weiß nix, und es fallt mir nix ein! – Der ganze Plebs schlaft schon und denkt nicht, daß er mir eine Ausred' liefern soll –! Nach dem erleuchteten Fenster links im Prospekt im ersten Stockwerke sehend. Da is noch ein Licht – wahrscheinlich[537] die Kreuzerkerzen eines alten Flickschneiders. – Es zeigt sich der Schatten eines Frauenzimmers am Vorhang des Fensters. Halt – der Schatten – diese Umrisse – bei keiner Beleuchtung kann ein Flickschneider so einen Schatten werfen. Da wohnt ein Geschöpf – Von einer Idee ergriffen. ha ich hab's! – Das Geschöpf mit die Umrisse reißt mich heraus! Ein paar Schritte auf und nieder gehend und so Hansi bemerkend. Was is denn das? Da schlaft ein kleiner Bub. – Kolossale Idee! – Der is mein Zeuge! Auf das Fenster zeigend. Dort die Ausrede, Auf Hansi zeigend. hier der Beweis! Rüttelt Hansi am Arm. He – Bursch! Was machst du da?!

HANSI aufwachend und erschreckend. Auweh! – Der Schwarze!!

PUFFMANN. Wirst still sein!

HANSI weinend. Nur nicht in 'n Sack stecken und in 'n Wald hinaustragen.

PUFFMANN. Du unterstehst dich, mir aufzupassen?

HANSI ängstlich. Ich hab' geschlafen.

PUFFMANN. Nicht wahr is's! Du willst sehn, wer da oben – Ihn scharf anfahrend. wer logiert da oben? Auf das erleuchtete Fenster zeigend.

HANSI. D' Mamsell Klara; dem Peter Span seine Schwester.

PUFFMANN. Aha! Für sich. Bravissimo! Ich hab' alles, was ich brauch'! Zu Hansi. Und du, neugieriger Spitzbub', paßt auf, wer bei ihr is?!

HANSI. Ich pass' auf mein' Frau Mutter.

PUFFMANN in barschem Ton. Du hast es g'sehn, daß ich von der Mamsell Klara komm'!

HANSI. Ich hab' g'schlafen.

PUFFMANN heftig. Du warst wach und hast mich von ihr herausgehn g'sehn – gesteh's oder ich dreh' dir's G'nack um.

HANSI. Ja, ich hab's g'sehn.[538]

PUFFMANN plötzlich in freundlichem Ton. Ach, jetzt laßt sich reden mit dir. Sehr freundlich. Weißt was, Buberl, du mußt das nicht jedem auf die Nasen binden, daß ich bei der Mamsell Klara war! Und wenn du recht schön verschwiegen sein willst und nix sagst, daß du mich g'sehn hast von der Mamsell Klara herausgehn, so schenk' ich dir diese drei glänzenden funkelnagelneuen Silbertaler.

HANSI voll Freude. O mein! Die gehören mein?!

PUFFMANN. Alle drei!

HANSI jubelnd. Jetzt kauf' ich der Frau Mutter a Haus.

PUFFMANN. Aber nix sagen, woher du das Geld hast! Für sich. Seine Mutter kitzelt ihm's schon heraus. Der Alibi-Beweis steht juridisch fest. Triumph der praktisch-kasuistischen Genialität! Eilt nach links ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 4, Wien 1962, S. 537-539.
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