Siebente Szene


[553] Kübler, Frau Küblerin, Susi, Flachs, Frau Flachsin, Klopf, Frau Klopfin, Netti, Schmalzer, Frau Schmalzerin, Spring, Biegel, Leicht, mehrere Handwerker mit Frauen und Mädchen, Kellner, Musikanten.

Alles ist im Sonntagsstaat. Auf dem erhöhten Tanzboden tanzt der jüngere Teil der Anwesenden, darunter Netti, Susi, Spring, Leicht, Biegel. Am Tische vorn rechts sitzen Kübler, Frau Küblerin, Flachs, Frau Flachsin; der Tisch links vorne ist leer. Am nächsten Tische links etwas weiter zurück sitzen Klopf, Frau Klopfin, Schmalzer, Frau Schmalzerin.

An den übrigen Tischen sitzen ebenfalls Gäste, sämtliche Tische sind mit Speisen und Wein bedeckt. Auf dem erhöhten Tanzplatze wird eben der letzte Teil einer Walzertour gespielt, wonach eine Pause eintritt. Die Tanzenden promenieren auf dem Tanzboden; an den Tischen unten wird das eifrig geführte Gespräch fortgesetzt.


FLACHS. Und wer weiß, wie oft der vornehme Herr schon bei ihr war!

KÜBLER. Das sag' ich ja, der erste, der attrappiert wird, is immer der, der nach dem letzten von allen denen kommt, die nicht attrappiert worden sind.

KLOPF zu Netti, welche eben vom Tanzboden herabkommt. Aber du mußt wieder getanzt haben![553]

FRAU KLOPFIN. Da setz' dich her und kühl' dich ab! Netti setzt sich zu ihren Eltern.

KÜBLER zu den am nächsten Tische Sitzenden. Was, Sie wissen die G'schicht' in unserer Gassen noch nicht? Ah, das muß ich Ihnen erzählen!

FRAU FLACHSIN zur Frau Küblerin. 's liegt alles an der Erziehung.

FRAU KÜBLERIN. Hübsch achtgeben, nie ein Mädel außer Augen lassen!

SUSI mit Spring, Leicht und Biegel vom Tanzplatz herabkommend, zu ihren Begleitern. Ich kann mich doch nicht zerteilen! Zu Frau Küblerin. Frau Mutter, die Herren streiten, wer die nächste Tour mit mir tanzt.

FRAU KÜBLERIN geschmeichelt zu den drei Begleitern. Oh, ich bitte –

SPRING. Wenigstens lass' ich mir das Recht nicht nehmen, jetzt mit der Fräul'n zu promenieren. Gibt Susi den Arm.

BIEGEL UND LEICHT. Wir auch nicht! Nähern sich mit Galanterie Susi von der andern Seite und gehen mit ihr und Spring links im Vordergrund ab.

FRAU KÜBLERIN wie oben. Oh, ich bitte! – Zu Frau Flachsin. Wie's um meine Susi zugeht! –

KLOPF. Den Brudern, den rechtschaffenen Span, bedauere ich wirklich von Herzen.

KÜBLER steht auf, nimmt sein Bierglas und gebt zu Klopfs Tisch. Der Bruder – lieber Himmel – dieser Bruder – man hat ja mehr so Beispiele; ich sag', wenn er nicht einverstanden wär' mit der ganzen G'schicht' –

KLOPF entrüstet. Einverstanden?! – Wer kann dem braven Span so was nachsagen, Herr? Sich erhebend. So eine Schwester zu haben is ein Unglück, und wer einen Unglücklichen noch schlecht machen will, der verdient – Macht Miene, Kübler zu packen.

KÜBLER. Sie haben eine kuriose Ansicht über die G'schicht' in unserer Gassen. Geht wieder zu sei nem Tisch zurück und setzt sich.[554]

SCHMALZER. Recht hat er, der Herr Klopf.

FRAU SCHMALZERIN zu Schmalzer. Still sei, dich geht's gar nix an.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 4, Wien 1962, S. 553-555.
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