Dreiunddreißigste Szene


[595] Peter, Klara; Vorige.


MASSENGOLD nach dem Vordergrunde kommend. Nun, lieber Puffmann –

PUFFMANN Peter und Klara von rechts kommen sehend. Ah!!

MASSENGOLD. Was ist Ihnen?[595]

DIE ANWESENDEN mit Ausnahme der Gesellschaft des Barons. Der Span mit seiner Schwester? Drücken ihr mißbilligendes Staunen aus.

PETER grüßend. Schön' guten Abend!

SCHMALZER, KÜBLER, FLACHS, FRAU FLACHSIN, FRAU KÜBLERIN, FRAU SCHMALZERIN. Das is stark!

SEEWALD, ALTHOF, LOCKERFELD. Wer ist der Mensch?

MASSENGOLD frappiert. Warum macht sein Erscheinen solche Sensation? Und selbst mein Puffmann –

PUFFMANN für sich. Halt't ein' Puff aus, der Puffmann, aber über den Puff is er baff!

LOCKERFELD Klara ins Auge fassend. Und das Mädchen –

PACKENDORF. Ist die, welche Puffmann sich zur schnöden Ausrede gewählt.

MASSENGOLD stutzend. Wie? Was?! –


Packendorf spricht während dem Folgenden leise mit Massengold weiter.


KÜBLER pikiert. Der Mussi Peter will uns mit Gewalt seine Schwester –

PETER ihm scharf in die Rede fallend. Als gerechtfertigt vorstellen.

KÜBLER wie oben. Dazu ist doch hier weder Zeit noch Ort.

PETER. Der beste Ort, denn hier auf 'n Kirchtag hat man sie beschimpft. – Die beste Zeit, denn jetzt, auf 'n Nachkirtag, wird mit der Verleumdung der Kehraus gemacht.

KLARA tief ergriffen, an Peter sich anschmiegend. Bruder, ich kann mich kaum aufrechthalten!

PUFFMANN bittend, leise zu Peter. Freund, schon' Er mich! –

PETER frostig zu Puffmann. Weil Sie statt der versprochenen Genugtuung mich haben wollen einsperren lassen –[596]

PUFFMANN wie oben. Um 's Himmels willen! –

PETER wie oben. So sollen Sie nicht bitten, denn was ich um 's Himmels willen tue, das kann nie zu Ihren Gunsten ausfallen.

LOCKERFELD hat Klara lorgnettiert. Fürwahr, das Mädchen ist schön, bildschön!

PETER zu Lockerfeld. Dero joviale Lorgnette vergrößert zu gütig – wenn s' ein' Zoll Grazie find't, macht s' gleich eine Klafter Venus draus.

MASSENGOLD in strengem Tone. Puffmann, Sie haben mich also, was das Mädchen betrifft, belogen?

PUFFMANN verlegen, mit anscheinender Zerknirschung. Ich kann allerdings einerseits nicht leugnen –

PETER ihm in die Red' fallend. Und sind anderseits hierher gekommen, um öffentlich zu erklären, daß Sie sie gar nicht kennen.

PUFFMANN wie oben. Daß ich sie gar nicht kenne –

PETER. Und daß Sie dem Hußbergerschen Buben Geld gegeben –

PUFFMANN wie oben. Damit ein Gered' entsteht, welches meiner Vorspiegelung den Schein der Wirklichkeit –

PETER. Red' und Antwort, wo waren Sie an dem bewußten Abend?

PACKENDORF. Da das vorgebliche Abenteuer Lüge war, steht der unbewiesene siebente Septemberabend wieder als Ihr frischer Ankläger da.

MASSENGOLD streng zu Puffmann. Der siebente September ist keine Kleinigkeit.

PACKENDORF. Rechtfertigen Sie sich –

MASSENGOLD aufgebracht. Eh' ich Sie als Entführungsgehilfen und mutmaßlichen Dokumentradierer den Gerichten überliefere.

PUFFMANN für sich, eine Idee erfassend und Hoffnung schöpfend. So putz' ich mich vielleicht nochmal heraus.

MASSENGOLD ungeduldig zu Puffmann. Wird's bald?[597]

PUFFMANN sich devot dem Baron nähernd. Euer Gnaden – ich bitte um stilles Gehör. – Leise. Es ist mit Händen zu greifen, folglich wird auch Dero Scharfsinn –

MASSENGOLD. Ohne Umschweife! –

PUFFMANN leise zu Massengold, den er ganz nach dem Vordergrunde links führt. Aus übertriebener Herzensgüte hab' ich mich etwas voreilig prostituiert. Ihnen aber bin ich Wahrheit schuldig. Mit meinem Besuche bei dem Mädchen hat es seine Richtigkeit, dringen Euer Gnaden daher auf keine weitere Erklärung! Mit Heuchelei. Schonen Sie die Arme, wie ich sie geschont, und sagen Sie –

MASSENGOLD leise zu Puffmann. Ah, wenn es so ist – gut, ich werde die Sache applanieren. Laut zu den Anwesenden. Meine lieben Anwesenden, ich hoffe, mein Wort wird euch genügen. Herrn Puffmanns Erklärung ist vollkommen befriedigend, läßt sich jedoch, zarter Beziehungen wegen, nicht füglich veröffentlichen.

PETER zu Massengold. Alle Achtung vor Hochdero Wort, aber wenn die Beziehungen noch zehnmal so zart wären, für mich wird die Ehre meiner Schwester ewig das Zarteste bleiben, für laute Beschimpfung gibt's keine stille Erklärung. Sie steht erst dann gerechtfertigt da, wenn der Verleumder Puffmann öffentlich erklärt und beweist, wo er abends am siebenten September war.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 4, Wien 1962, S. 595-598.
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