Elfter Auftritt


[396] Eulenspiegel; Der Vorige.


EULENSPIEGEL tritt zur Mitte ein, den Kleiderbündel unterm Arme; als er Mehlwurm erblickt, für sich. Verdammt, der Mehlwurm is da!

MEHLWURM Eulenspiegel erblickend. Was willst du da? Was trägst du da unterm Arm?

EULENSPIEGEL verlegen beiseite. Jetzt geht's recht.

MEHLWURM. Du bist verlegen? Heraus mit der Sprach', was is in dem Bünkel?

EULENSPIEGEL gefaßt. Muß denn der Meister alle Geheimnisse wissen?[396]

MEHLWURM. Also hab' ich's doch erraten, daß es ein Geheimnis is?

EULENSPIEGEL. Na freilich, die Madame Cordula hat mir g'sagt, daß der Meister übermorgen seine Hochzeit mit der Jungfer Lenerl halt't, und da will sie dabei in einer Maschkeradi erscheinen, das is das Ganze.

MEHLWURM befriedigt. Ah so!

EULENSPIEGEL. Der Meister is recht grauslich, immer einen Verdacht haben gegen mich.

MEHLWURM. Nein, ich weiß, du meinst es ehrlich mit mir!

EULENSPIEGEL. Na ob! Aber Sie verdieneten jetzt zur Straf', daß ich Ihnen nix davon entdecket, was ich ausspioniert hab'.

MEHLWURM gespannt. Ausspioniert? Was denn? Was denn?

EULENSPIEGEL. Ich hab' von die Leut' in Schloß g'hört, daß der Jäger abends beim Stadtbrunnen auf die Jungfer Lenerl passen wird.

MEHLWURM. Das wär' der Teufel!

EULENSPIEGEL. Lassen Sie s' daher ja nicht ausgehen.

MEHLWURM. Meine Schwester muß statt ihr mit den Mägden zum Brunnen gehen.

EULENSPIEGEL. Das is das Wahre. Die Schwester soll gehn.

MEHLWURM. Du bist ein Goldkerl! Leg' den Bünkel indessen in den Kasten herein! Will den Schrank öffnen.

EULENSPIEGEL. Nein, ich trag'n in mein Bodenkammerl hinauf, sekkieren S' mich nit.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 396-397.
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