Sechszehnter Auftritt


[672] Klaus. Emerenzia.

Es ist Abend. Klaus kommt mit einem Pack Zeitungen, ihm folgt Emerenzia, welche Licht bringt und es auf den Tisch stellt.


KLAUS. Ich sag' dir's, Alte, es is a so und nicht anders. So wie vor 17 Jahren die Cholera, grad so geht jetzt die Freiheit herum.

EMERENZIA. Mein Gott, wenn s' uns heimsuchet, könnt s' dir was tun.

KLAUS. Na, ob! – Die Freiheit packt immer zuerst das alte Ministerium, dazu gehör' offenbar ich, und so dürfte ich als eins der ersten Opfer fallen.

EMERENZIA. Na, sei so gut, und mach mich in meine alten Tage zur Witib.

KLAUS. Hier ist nicht von dem ordinären Tod, sondern von dem Verlust des Einflusses, von meiner Stellung zum Staate die Rede, die Verhältnisse könnten mich zwingen, zu abdizieren, das ist für uns Große keine Kleinigkeit.

EMERENZIA. Was hast denn da für Zeitungen? –

KLAUS. Lauter österreichische. Ich trau' mir s' gar nicht z' lesen. Nein, wie wir uns in dem Österreich getäuscht haben, das ist schauderhaft.

EMERENZIA. Sollen tun was sie wollen, bis nach Krähwinkel dringt die Freiheit doch nicht.

KLAUS. Wenn uns etwas bewahren kann vor dieser Pest, so sind's die Ligurianer. Auf diese frommen Herren bau' ich noch meine ganze Hoffnung.


Es wird geklopft.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 672.
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Freiheit in Krähwinkel
Freiheit in Krähwinkel
Freiheit in Krähwinkel: Posse mit Gesang in 2 Abtheilungen und 3 Akten / von J. Nestroy (German Edition)