Sechster Auftritt

[442] Damian, Schlucker schlecht gekleidet, aus links.


SCHLUCKER erhitzt. Ah, der Damian is da? Gut!

DAMIAN. Was will der Schwager?

SCHLUCKER. Schon wieder neue G'schichten!

DAMIAN. So?

SCHLUCKER. Mein Sohn ist in die Goldfuchs'sche Fräule verliebt.

DAMIAN. Da ober uns? Das ist schon a alte Geschicht', die g'hört auf 'n Tandelmarkt.

SCHLUCKER. Für mich ist s' neu, nagelneu, und darf gar nit alt werden.

DAMIAN. 's Stubenmadel tragt Posten, d' Fräule geht ein bissel über d' Stiegen herunter, der Sohn a[442] bissel auf d' Stiegen hinauf, auf 'n halben Weg kommen s' zusamm'.

SCHLUCKER. Ich werd' s' auseinandertreiben! Da käm' weiter kein Spektakel heraus! Ich hab' jetzt noch einen notwendigen Gang, drum geh' der Schwager hinein zu der Meinigen, sie soll mir den Malefizbuben nicht außer Augen lassen. Immer hitziger und geschwinder. Wie er nach Haus kommt, muß er in die Kammer hinein und derf ja nicht mit kein' Blick auf die Stiegen hinausgehn, mit kein' Fuß beim Fenster hinausschaun. Sie soll bedenken, was uns der alte Herr von Goldfuchs für eine Historie anfanget, sie soll bedenken, daß er glaubet, wir sind einverstanden mit dem Liebeshandel, sie soll bedenken, daß er's dahin bringen könnt', daß wir abgeschafft würden, sie soll bedenken, daß wir zwar schlechte Leut' sein, daß man uns aber nichts Armes nachsagen kann; das sag' ihr der Schwager, ich hab' jetzt einen notwendigen Gang. Eilt links ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 442-443.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Zu ebener Erde und erster Stock
Zu ebener Erde und erster Stock
Zu ebener Erde und erster Stock