Neunter Auftritt

[444] Zins, Goldfuchs, Johann, Friedrich aus rechts; letzterer geht gleich ab.


GOLDFUCHS. Was seh' ich, der Hausherr!? Sie kommen um den Zins? Wissen Sie, daß morgen erst[444] der Tag ist? Mir ist es zwar gleichgültig, ob ich eine Bagatelle von zweitausend Gulden einen Tag früher oder später bezahle, aber es sieht so aus, als ob Sie Mißtrauen in meine Pünktlichkeit setzten.

ZINS. Ich bitte – ich komme –

JOHANN. Wir sind noch nie unsern Zins schuldig geblieben und wir werden uns wegen dumme zweitausend Gulden auch noch nicht schmutzig machen.

ZINS ernst zu Johann. Was hat denn Er –?

GOLDFUCHS sehr gütig zu Johann. Schweig, Johann!

JOHANN heuchlerisch. Ja, wenn Euer Gnaden wer tuschiert, das is mir grad, als wenn man mir ans Leben ging'.

GOLDFUCHS für sich. Braver Pursche das –

ZINS. Mein Anliegen ist ganz anderer Art! Ich komme aus keiner halbjährigen, sondern aus einer lebenslänglichen Ursache; mit einem Wort, ich möchte heiraten.

GOLDFUCHS. Tun Sie das immerhin – aber was –

JOHANN. Was geht denn das uns an?

GOLDFUCHS. Mir diese Konfidenz zu machen, ist doch ein äußerst barocker Gedanke.

JOHANN. Ein Friseur könnt' keinen parockeren Gedanken haben.[445]

ZINS ernst zu Johann. Wird Er mich zu Wort kommen lassen? Zu Goldfuchs. Sie kennen meine Vermögensumstände, wissen, daß ich drei Häuser hab', wissen, daß ich ein ehrlicher Mann bin, drum nehm' ich mir ohne Umstand' die Freiheit und halte um die Hand Ihrer Tochter an.

GOLDFUCHS erstaunt. Wa – was? – Will sich ärgern, betrachtet aber Zins mit geringschätzender Miene und bricht in lautes Gelächter aus. Hahahahaha!

JOHANN Zins messend. Hahahahaha!

ZINS zu Goldfuchs. Was ist denn da Lächerliches dran?

GOLDFUCHS ernst und stolz. Danken Sie es meinem gegenwärtigen guten Humor, daß ich nur lache über Ihr keckes Begehren.

JOHANN. Sei'n Sie froh, wenn wir lachen, denn sonst –

ZINS fest zu Johann. Was sonst –?

JOHANN zurücktretend. Das wird schon mein Herr sag'n.

GOLDFUCHS gütig zu Johann. Ruhig, Johann, ruhig! Kalt und stolz zu Zins. Ohne mich mit Ihnen in Weitläufigkeiten einzulassen – ich habe andere Pläne mit meinem Mädl.

JOHANN. Ganz andere Pläne haben wir mit unserm Mädel.

ZINS seinen Zorn verbeißend. Wär' ich Ihnen also zu schlecht zum Schwiegersohn?[446]

GOLDFUCHS. Wie Sie's nehmen wollen. Ich fordere nicht bloß Reichtum, sondern auch gute Herkunft von meinem Eidam.

ZINS. Erlauben Sie mir, mein Vater war nicht reich, aber ein Ehrenmann. Ist das der Ihrige auch gewesen?

GOLDFUCHS. Mein Vater war Lieferant, ich bin geborner Millionär.

JOHANN zu Zins. Folglich gibt's da für Ihnen keine Braut. Zu kühne Wünsche kommen von erhitztem Gehirn; nehmen Sie Eisumschläg' auf 'n Kopf, es kann nicht schaden.

ZINS losbrechend. Jetzt hab' ich's satt, Er infamer Schlingel –! Will auf Johann los.

GOLDFUCHS zwischentretend. Halt! Eine Rauferei in meinem Hause –!?


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 444-447.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Zu ebener Erde und erster Stock
Zu ebener Erde und erster Stock
Zu ebener Erde und erster Stock