Neunzehnter Auftritt

[490] Fanny durch den Saal rechts kommend; Vorige.


FANNY. Um alles in der Welt, Fräulein, lassen Sie sich mit dem abscheulichen Menschen in nichts ein!

EMILIE befremdet. Wie? Hast du nicht selbst ihn zum Vertrauten unserer Pläne mir anempfohlen?

FANNY. Das hab' ich, weil ich ihn für pfiffig gehalten hab', jetzt kenn' ich ihn aber durch und durch, er ist schlecht.

EMILIE. Was ist denn geschehn?

FANNY. Er will mich nicht heiraten.

JOHANN. Aus Gründen.

FANNY. Er liebt mich nicht mehr.

JOHANN. Aus Ursachen.

FANNY. Er laßt mich sitzen.

JOHANN. Aus Raison.

EMILIE. Johann, wenn das so ist, muß ich Ihm sagen, Er ist ein wortbrüchiger Mensch.

JOHANN sehr unterwürfig. Ich bitte, das gehört ja gar nicht hierher; ich leite gegen ein billiges Honorar Ihre Intrige, und weiter –

EMILIE entrüstet. Er ist ein Mensch ohne Grundsätze.

JOHANN. Ach ja, Grundsätze hab' ich.

EMILIE. Aber schlechte.

JOHANN. Mein Gott, ich denk' mir halt, für einen Bedienten ist bald was gut g'nug.

EMILIE. Er verdient meine Fanny gar nicht.[491]

JOHANN. Eben deswegen wäre es eine Unbescheidenheit, wenn ich nach ihrem Besitze trachten wollte.

FANNY. Er spott't noch über mich, das ist zu arg. Weint.

EMILIE. Fort aus meinen Augen, Elender!

JOHANN sich verbeugend. Oho, Sie scheinen mich beleidigen zu wollen. Sie vergessen, mein gnädiges Fräulein, daß Sie mir Ihr Geheimnis anvertraut haben. Auf so was muß man ja hübsch denken, wenn man sich einmal in die Hände der Dienstboten gibt – denn das ist a Volk – da muß man beim Böswerden hernach seinen Ton kurios moderieren. Schaun S', mich kost't es zum Beispiel nur ein Wörterl, so nimmt der Herr Papa ein Karbatscherl und treibt Ihnen die Lieb' aus 'n Herzerl. Drum seit der Preisgebung Ihres Geheimnisses müssen Sie ja nicht mehr glauben, Sie sei'n meine gebietende Frau! Sich stolz emporrichtend und mit festem Tone. Jetzt bin ich der Herr! Gleich wieder ganz submiß. Übrigens das nur zur Privatnotiz. Sie zahlen mir jetzt das doppelte Honorar, und ich leite untertänigst bereitwilligst Dero Intrige. Will abgehn.

EMILIE leise und wie vernichtet zu Fanny. Fanny, was hast du mir –


Es wird geläutet.


JOHANN kehrt schnell um. Der gnädige Herr läut't. Eilig ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 490-492.
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