Dritter Auftritt

[468] Die Vorigen; Zins.


Die Vorigen.


ZINS eilig. Ich lauf' euch nach und ruf' euch nach, und ihr hört mich nicht.

DAMIAN. Ja, heut' ist Michaeli, und da hört man die Hausherrn nit gern.

SCHLUCKER zu Zins. Da bitt' ich um Verzeihn, Euer Gnaden – ist's nicht gefällig – wir werden doch nicht in der Kuchel – Will ihn ins Zimmer führen.

ZINS. Macht nix, ich komm' –

DAMIAN. Um den Zins?

SCHLUCKER verlegen. Ich weiß, der Tag is heut', aber –

DAMIAN zu Zins. Wir sein Ihnen ja den Georgi-Zins noch schuldig, der muß früher bezahlt sein der Ordnung wegen. Weil wir aber das jetzt nicht können, so kriegen Sie den Michaeli-Zins schon gar nicht.[468]

ZINS. Mir scheint, ihr seid ein liederliches Volk.

SCHLUCKER. Fünf Kinder und ein schlechter Verdienst is eine Liederlichkeit, die manche Haushaltung derangiert.

ZINS. Ich sollt' Strenge gebrauchen gegen euch.

DAMIAN. Schuldenarrest wäre meines Erachtens das Beste. So geb'n Sie uns nur das Quartier, wenn S' uns einsperren lassen, können S' uns verköstigen auch.

ZINS. Nein, von solchen Parteien könnt' man fett werden. Seht, ich bin nicht gekommen, Zins zu fordern, ich weiß, wie's mit euch steht, ich will euch den ganzen Bettel schenken –

SCHLUCKER freudig überrascht. Wie – was –!?

ZINS. Aber ihr müßt auch etwas dafür tun.

DAMIAN zu Zins. Mann! Rarität! Ausnahm' von der Regel, fordre, was du willst! Wenn es Tandlerkräfte nicht übersteigt, so soll es geschehen.

ZINS. So hört! – Zu Schlucker. Sein Sohn hat hier im Hause eine Geschieht' ang'fangt.

SCHLUCKER. Wissen's Euer Gnaden auch schon?

DAMIAN. Und was kommt am End' heraus aus einer solchen Geschicht'? Eine Geschicht'; nachher gibt's erst a rechte Geschicht'![469]

SCHLUCKER. Ich bin g'wiß nicht schuld, im Gegenteil –

ZINS. Will's glauben. Drum hörts meinen Vorschlag! Euer Sohn, Schlucker, steht mir hier im Weg. Ihr sollt ihn mir aus dem Weg räumen, denn ich will selbst das Fräulein –

SCHLUCKER. Aha!

DAMIAN grimmig zu Zins. Und wir sollen ihn aus dem Weg räumen? Packt ihn. Mörder! Hältst du uns für Banditen?

ZINS. Dummkopf, lass' Er mich aus! Macht sich los.

SCHLUCKER. Aber, Damian!!

ZINS zu Schlucker. Der is ja verruckt! – Ich will Eurem Sohn eine Stelle als Schreiber verschaffen, besser als er da hat, aber er muß dreißig Meilen fort von hier.

DAMIAN. Ah, ja so! Ich hab' geglaubt, Sie wünschen Mord.

ZINS. Er ist ein dummer Kerl.

SCHLUCKER zu Zins. Ich bin ganz einverstanden mit dem Plan.

DAMIAN. Der Adolf is ja so nur ein angenommenes Kind.

ZINS. So? Zu Schlucker. Nun, um so leichter wird Euch die Trennung fallen.

DAMIAN zu Zins. Und statt dem, daß er uns bisher unterstützt hat, unterstützen uns halt jetzt Sie. Es ist ja vielleicht etwas Solideres, von einem Hausherrn unterstützt zu werden als von einem angenommenen Kind.[470]

ZINS. Ihr sollt mich als generös kennen lernen. Wir sind also einig?

SCHLUCKER. Ja!

ZINS. Morgen gleich muß die Abreise vor sich gehen. Ich veranstalt' alles. Der Zins ist euch geschenkt.

DAMIAN. Diese Worte sind Harmonie der Sphären.

ZINS. Unser G'schäft ist abgemacht.

SCHLUCKER. Ganz in Ordnung. Behüt' Ihnen Gott!


Zins geht links im Hintergrunde ab und läßt die Türe offen.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 468-471.
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