An Se. Excellentz/ Den Herrn geheimden Rath von Fuchs

[233] B.N.


Wenn eine wolcke glantz aus sonnen-strahlen zieht/

Die spreu den diamant/ die ulme reben liebet/

Geringer majoran bey käyserkronen blüht/

Ein hoher cederbaum auch pappeln schatten giebet:

So wundere dich nicht/ du wunder kluger welt/

Daß sich mein finsterniß zu deinem lichte stellt/

Und seinen schimmer will aus deinen holden augen/

Wie muscheln ihre krafft aus kühlen morgen/ saugen.


Denn was auch die natur vor riesen-wercke zeigt/

So kleben wir doch nur/ wie schnecken/ an der erden;

Wo unsre jugend nicht durch fremde flügel steigt/

Und uns ein Dädalus kan lehren klüger werden.

Drum muß ein junger mensch/ der in den frühlings-schein

Des glückes treten will/ wie balsam-bäume seyn/

Und gleich wie diese bald ihm einen platz erwählen/

Da es ihm nimmer kan an licht und sonne fehlen.


Wie aber solt' ich wohl mein glücke/ grosser Rath/

Auff einen bessern platz als deine klugheit gründen?

Die Friedrichs hohen geist zur sonne selber hat/

Und also keine noth an strahlen darff empfinden.

Gantz Deutschland weiß bereits/ was deine feder kan/

Die rechte schauen dich als einen Solon an/

Die Marck wird aber bald die wunder deiner gaben/

Wie Rom des Cato ruhm/ in ertz und marmel graben.


Denn was vor witz und kunst im Janus nur erdacht/

Wann ihm das alterthum ließ zwey gesichter schnitzen/

Hat dein gelehrter kopff nunmehro wahr gemacht/

Wenn seiner augen licht kan vor- und rückwärts blitzen

Das ist: Wenn sein verstand in das vergangne blickt/

Und als ein Hercules die sorgen unterdrückt.[234]

Was aber hie und da vor schaden will geschehen/

Wie Campanella/ bald kan in gedancken sehen.


Doch wo ein rechter rath dem zarten flachse gleicht/

Der in der jugend schon so wie smaragden grünet/

Mit himmels-farbe blüht/ von sonnen-hitze bleicht/

Und endlich aller welt zu weisser leinwand dienet:

So geust ihm die natur zwar milch und klugheit ein/

Doch muß sein absehn auch dem himmel ähnlich seyn;

Und letztlich/ wie der flachs im schooße tieffer erden/

Durch hohe sonnen reiff/ durch mühe nutzbar werden.


Hochwohlgebohrner Herr/ was dein verstand gebiert/

Muß nach dem himmel bald wie süsses manna schmecken;

Weil deine blüte Gott zur farbe selber führt/

Und alle schlüsse sich nach seinem willen strecken.

Was wunder ist es denn/ daß deine frömmigkeit

Dich/ wie den Scipio/ mit lorbeern überstreut?

Und offt der feinde list in wenig stund und tagen/

Gleich wie den Polyphem Ulysses blind geschlagen.


Der blüte folgt die frucht/ dem himmel fürsten-gunst.

Dein rath mag/ was er will/ in seinem zimmer schliessen/

So hält er alles doch vor dampff und nebel-dunst/

Biß Friedrichs sonnen es mit purpur übergiessen;

Vielleicht/ weil ieder stern ohn einen höhern schein/

Ein staatsmann ohne fürst nicht kan vollkommen seyn/

Und räthe zwar den witz von ihren mutter-gaben/

Den glantz/ wie perlen nur/ von fremdem lichte haben.


Was Gott und fürst beliebt/ befördert deine treu;

Wenn sie die lüffte bald/ wie Orpheus/ erfüllen/

Bald/ wie Pythagoras/ der tyger raserey/

Bald blitz und donner kan/ wie Ganymedes/ stillen.

Ich meyne/ wenn dein mund der Preussen hertz bewegt/

Der feinde wuth und grimm wie träume widerlegt/

Und fremde bündnisse/ die wider Deutschland kämpffen/

Wie saltz das wasser kan in vollem kochen dämpffen.
[235]

Und so weiß deine kunst das gantze Brennus-land

Mit nutzen/ wie der Nil Egypten/ zu befeuchten;

Wie aber/ ist dein ruhm in Hamburg nicht bekandt?

Wie wird dein ehren-stern nicht in dem norden leuchten?

Denn ist es anders wahr/ was alle dichter schreyn/

Daß tugend und verstand allhier unsterblich seyn/

So wird man ewiglich auch wohl in Holstein lesen:

Was deine thaten sind/ wer der von Fuchs gewesen.


Doch meine feder schweigt. Denn dein geübter geist

Ist nur verwunderns werth/ nicht aber zu beschreiben.

Der himmel/ der dir noch mit reinem zucker fleust/

Der lasse deinen ruhm in vollem strohme bleiben!

Er lege deiner zeit mehr rosen-lust und ruh/

Als dem Timoleon vor diesem glücke zu/

Und lasse deinen fuß bey hofe nicht erleben/

Daß auff- und niedergang in einem circkel schweben.


Die sonne Brandenburgs/ der grosse Friederich/

Bekröne deine treu/ und mehre deinen segen!

Mir aber gönne nur/ daß mein gemüthe sich

Durch diese blätter darff zu deinen füssen legen.

Denn wie ein maulbeerbaum am allerletzten blüht/

Am ersten aber auch zu reiffen sich bemüht;

So kan ich/ wilst du mich mit strahlen nur ergetzen/

Auch meine blumen leicht durch treue frucht ersetzen.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 233-236.
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