Ein anders

[64] B.N.


1.

Ach! wirff doch einen blick auff deine silber-ballen/

Verstockte Sylvia/

Sie sind dem tode nah;

Die spitzen lassen schon die rosen-blüthe fallen/

Die berge ziehn die stoltzen liljen ein/

Und werden bald so gleich wie deine wangen seyn.


2.

Wie/ sind wir/ schreyen sie/ dann darum nur erschaffen/

Daß uns ein blinder groll

In kercker schliessen soll?

Cupido nennet uns ja seine liebes-waffen.

Was kommet dich dann für ein eyffer an/

Daß du/ o Sylvia! uns in den bann gethan?


3.

Ihr männer helffet uns durch eure macht erretten!

Zerreißt das mörder-schloß/

Und macht uns wieder loß.

Wir lieben keinen zwang/ und leiden keine ketten/

Und Franckreichs mod' und tolle kleider-pracht/

Mag seyn für wen sie will/ nur nicht für uns gemacht.


4.

So klagen/ Sylvia/ die hart-bedrängten Kinder.

Ach höre doch ihr schrey'n/

Und hilff sie bald befrey'n/

Wo nicht/ so schneid sie ab/ und wirff sie vor die rinder.

Dann wenn sie nur im finstern sollen ruhn/

So kan dirs/ wann du willst/ auch wohl ein schnupftuch thun.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 64-65.
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