Die 1. Scena.

[118] HOLOFERN.

Soll der Hebreer dann mir jetzt zum Meister werden,

Mir, dessen Helden Muth

Nichts gleiches weiß auff Erden,

Für den Araxes selbst legt seine Wilde Flut,

Für dessen Macht der Strom deß Tigers schweiget,

Vnd Taurus auch sein Schneegefilde neiget?

Mag nun diß Arme Volck mich länger hinterziehn?

Nein, Nein: sie sollen bald erfahren wer ich bin.

ARSACE.

Der Erden Kreiß erschüttert,

Die Hölle zittert

Auch selbst für dir.

Der Angel Stern

Erbleichet schier,

Wann du das Heer aufführest

O Holofern!

Vnd deine Waffen rührest.

HOLOFERN.

Aber ach! ich kan ja Siegen!

Doch was hilfft es, daß die Handt

Zähmet so viel Leuth' vnd Landt,

Vnd das Hertze muß erliegen,

Muß sich lassen jetzt bekriegen

Nicht durch Strenge Schlacht vnd Streit,

Sondern schöne Freundligkeit?

Kein Starckes Heer hat mich

Gejaget je zurücke,

Jetzt zitter ich

Für einem leichten Augenblicke.

Es muste mein Geboth so mancher König spüren,

Jetzt aber kan ich selbst mich nicht regieren.

Du hat gewonnen, du Hebreer;

Du zwingest meinen Sinn:

Wie hoch ich bin,

So ist ein Weib aus deiner Stadt doch höher.

BAGOS.

Sehr stets hat die Natur: Behertzet sein vnd lieben

In einen hohen Sinn zusammen eingeschrieben.

HOLOFERN.

Da mein Verstandt zuvor so viel gehalten hat,

Gebricht mir jetzund selber Rhat.

ARSACE.

Solte dem ein Weib entgehen,

Dem ein Heer ist vnterthan?

Dem zu freyem Willen stehen

Der Araber vnd Hircan?

Dem Armenien gehorchet, den der Parther Schütze hört,[118]

Den die Schwartzgebrandten Mohren, den der Kühne Meder ehrt,

Dem der Reiche Perß sich ziert,

Der das Volck der Ammoniten

Vnd die frechen Moabiten

Allesampt zu Felde führt?

Was verhindert deine Rhue?

Schaffe nur, so ists gethan!

Weil ein Heldt wie du

Nicht alleine kräfftig bitten, sondern auch gebieten kan.

HOLOFERN.

O Ihr Götter! saget mir,

Ists der Himmel der mich zwinget,

Ist es etwan ein Gestirne, welches mich zur Liebe bringet,

Oder ist es jhre Zier?

O ja sie ists allein! Diß Reden, dieses Lachen,

Der Augen Vnstern ists, der mein Gesicht' entzückt,

Das Haar, das mein Gemütt' vnd allen Muth bestrickt,

Der Mund, der meinen Mund kein gantzes Wort leßt machen.

ARSACE.

Des Mannes Hauß wird billich abgebrandt,

Der Wasser klagt vnd hat es bey der Handt.

BAGOS.

Vnd magst du wol nicht schlagen

Das Wildt, so ohne Jagen

In dein Gehäge kompt?

Ich glaube, daß es auch sie selber wunder nimbt

Vnd jhr Gedancken macht,

Dieweil sie ist zu lieben,

Daß dannoch sie von dir schon nach der dritten Nacht

Hindan gestellt ist blieben.

Gesetzet auch, daß sie dir was versagt:

Bist du nicht Herr vnd sie ist deine Magd?

HOLOFERN.

So sey es dann; auffs Nachtmal lade mir

Die Obristen vnd diese meine Zier!

Vnter dessen daß ich ord'ne, wie man morgen auff den Tag

Allerseits zusammen rücken vnd die Stadt ersteigen mag.

Ich wil mich an sie wagen!

O Zunge, waffne dich!

Vnd was ich nicht kan sagen,

Soll Bachus thun für mich.

BAGOS.

Herr, geht, verrichtet ewre sachen!

Im vbrigen last mich nur machen.

Ein Weibeßvolck, wie Keusch es auch mag sein,

Wird offtermals bezwungen durch den Wein.

Da kompt sie gleich, deß Fürsten Trost vnd Pein,

Die gar wol mächtig ist, die Götter selbst zu binden

Vnd durch der Schönheit glantz den Himmel anzuzünden.


Quelle:
Judith-Dramen des 16./17. Jahrhunderts. Berlin 1933, S. 118-119.
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