Die 3. Scena.

[123] JUDITH.

Du Kühnster Heldt,

Der jemals Lantz vnd Schildt

Geführet hat, der alles Landt erfüllt,

So weit die Welt von grossen Thaten sagt:

Wie sol doch deine Magdt

Das vnverhoffte Glück in ewigkeit verschweigen,

Daß du sie anzusehn die Gnad jhr wilst erzeigen?

HOLOFERN.

Sol die zu meinen Füssen liegen,

Die meinem Hertzen ob kan siegen?

O Edle Fraw, du Außbund aller Zier,

Du findest jetzt nicht Mayestät allhier,

Nicht Waffen, sondern Liebeßflammen.

Ach stelle diese Demuth ein!

Es schickt sich nicht zusammen

Verliebt vnd Prächtig sein.

Wird deine Trew sich deiner Schönheit gleichen,

Vnd du mich meinst, wie dich mein Hertze liebt,

So wil ich deiner Gunst vom halben Theyle weichen

Deß Zepters, welches mir mein Sieg vnd Stärcke giebt.

Man sol von dir forthin vmb meinetwillen wissen,

Wo Oxus vnd Eufrat vnd Ister selber flissen.

JUDITH.

Herr, deine grosse Freundligkeit

Benimbt der Hoheit nicht:

Die Sonn erleuchtet weit vnd breit

Auch Thäler, nicht nur Höhen;

Jedennoch bleibt jhr klares Licht

Am Himmel allzeit stehen.

Dich lieben, fürcht ich nur, das wil mir kaum gehören.

Ich wil alß Dienerinn dich mit Gehorsamb ehren.

HIRCAN.

Sie gehen fort. Wer hat doch weit vnd ferren

So Schönes Weib, so einen grossen Herren

Zugleich gesehn? O der gewündtschten Nacht,

Die diß Pancket vnd was drauff folget, macht![123]

Wolan jhr lieben Rottgesellen,

Indessen wir hier wachen,

So laßt vns auch vns Lustig machen!

Auff, rufft mit mir den lieben Wein Gott an,

Der Frölich ist vnd Frölich machen kan!

CHOR DER WACHE.

Was thustu jetzund oben,

Du Sohn der Semele?

Komm her vnd laß dich loben!

Jach! Evoe!


Komm her vnd gieb zum besten

Die Süsse Rebenbach

Den angenehmen Gästen!

Evoe! Jach!


Der Feldtherr liegt Gefangen,

Schifft auff der Venus See;

Hilff ihm den Port erlangen!

Jach! Evoe!


Weil deine Milch nicht springet,

Da bleibt die Liebe nach;

Du bist, der Wollust bringet!

Evoe! Jach!


Ein Nüchternes Gehirne,

Das fühlet Angst vnd Weh;

Erhitze du die Stirne!

Jach! Evoe!


Viel besser ist ein Becher

Als Leidt vnd Vngemach:

Komm her, du Sorgen Brecher!

Evoe! Jach!


Komm Bassareu, komm Bache,

Komm Vater Bromie!

O Evan, O Jache!

Jach! Evoe!


Quelle:
Judith-Dramen des 16./17. Jahrhunderts. Berlin 1933, S. 123-124.
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