Die 4. Scena.

[124] HIRCAN.

Ihr Pursch, jetzt könnt jhr sehn vnd ewer Vrtheyl fellen,

Wie gerne Hoher Sinn vnd Schönheit sich gesellen.

Der grosse Holofern henckt seinen Heldenmuth

An diß zwar Zierliches doch gleichwol Feindlichs Blut.[124]

Vnd sie sucht Liebe hier vnd achtet nicht der Schande,

Die sie zu Hause leßt, wird jhrem Vaterlande

Ein Vngetrewes Kindt.

Es ist kein Donner nicht,

Kein Vngehewrer Windt,

Der Mast vnd Schiff zerbricht,

So grimmig als ein Weib, das in Begier entbrennet.

Ihr gleicht kein Tiegerthier, wie sehr es tobt vnd rennet,

Wann seine Jungen jhm genommen worden sindt;

Nicht Ganges, wann sein Strom aus seiner Gräntze rinnt

Vnd reißt die Bäume fort. Diß Fewer ist verblendet,

Fängt sich vnd andre bald vnd wird nicht bald geendet.

Wie gar wol aber gleicht sich dieses Edle Par!

Doch Holfern liebt Lust vnd Judith auch Gefahr.

SOLDAT.

Wie blicken doch aus jhrer Lufft herfür

Der Mars vnd Venus Stern!

Die Judith gleicht der Venus felbst an Zier,

Vnd Mars ist Holofern!

Es steht schon längst am Himmel angeschrieben,

Daß er vnd sie einander sollen lieben.

CHOR DER WACHE.

Halt Bachus, halt nun jnnen,

Der Feldt Herr trinckt zu viel.

Er netzet auch die Sinnen

Vnd wil nicht was er wil.


Das Oele muß zwar flissen,

So brennt die Lampe gutt;

Doch gar zuviel angissen

Erseufft die gantze Glutt.


Der dem du steckst im Kopffe,

Vergißt der Liebeßpflicht.

Er gehet auff dem Kopffe

Vnd kennt sich selber nicht.


Wann schon die Zunge klebet,

Du Lust- vnd Vnlust-Gott,

Vnd Hand vnd Fuß nicht hebet,

Da ist die Liebe Todt.


Halt Bachus, halt nun jnnen

Vnd dämpffe deinen Wein:

Wer dißfals wil gewinnen,

Muß Voll vnd Nüchtern sein.


Quelle:
Judith-Dramen des 16./17. Jahrhunderts. Berlin 1933, S. 124-125.
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