Denen Ehrenvesten /
Wolweisen /
Wolbenambten vnd Wolgelehrten HErren
Bürgermeistern vnd Rathsverwandten der Stadt
Buntzlaw / seinen günstigen Herren vnd
beförderern.

[3] EHrenveste / Wolweise / Wolbenambte vnd Wolgelehrte in sonders günstige HErren /

Was bißanhero von einem vnnd dem andern / auch vornemen Leuten / zum offteren an mich ist begehret worden / das ich nemlich von vnserer Deutschen Poeterey / derselben art vnd zuegehör / etwas richtiges auffsetzen möchte / habe ich vorwichene tage zue wercke gebracht. Zwar erstlich / solchem ehrlichen begehren wie billich zue verhengen : nachmals aber /die jenigen vor derer augen diese vorneme wissenschafft ein grewel ist zue wiederlegen / vnd die / so sie als ein leichte ding vor handen zue nemen vnbedacht sich vnterstehen / ab zue halten / die gelehrten aber vnd von natur hierzue geartete gemüter auff zue wecken / mir / der ich dißfals bey weitem nicht genung bin / die hand zue bitten / vnd den weg so ich allbereit vmb etwas eröffnet vollendts zu bähnen. Weitleufftiger vnd eigentlicher zue schreiben hat mich nicht allein die enge der zeit / sondern auch sonsten allerley vngelegenheit verhindert / die mir von denen zuegefüget wird / welche / wann es bey jhnen stünde / wünschen wolten / das auch das gedächtniß der Poeterey vnnd aller gutten Künste vertilget vnd außgerottet würde. Ob mich nun wol dergleichen vnbillichte Wiederwertigkeit / die ich ohne meinen verdienst tragen muß / offtermals kaum nicht zwinget wie Nero zue sagen; Vellem nescire literas: jedoch habe ich / in erwegung derer Vrsachen die mir etwas beßers rahten / vnd das die Zahl vieler grossen Männer die mir huldt sein die wenigen abgünstigen weit hinwieget / zwar itzund in diesem geringen wesen den willen mit meinem schlechten studieren etwas zue fruchten erweisen wollen: vnnd wil auch nachmals besten fleißes mich bemühen / an größeren vnd mehr wichtigen sachen (denn ich gar wol weiß / daß es mit der Poeterey alleine nicht auß gerichtet sey / vnd weder offentlichen noch Privatämptern mit versen könne vorgestanden werden) durch beystandt Göttlicher hülffe alle mein heil zue versuchen. Indeßen /Großgünstige HErren / wollen sie / zum pfande meiner künfftigen vorsorge wie mein geliebtes Vaterlandt vnnd sie meiner je mehr vnd mehr ruhm vnd ehre haben mögen / dieses buch auff / vnd annemen / vnd beynebenst geneiget erwegen das ich[3] auch darumb jhnen solches billich vor andern zueschreiben sollen /damit ich nicht / wann ich sie in diesen vnd andern meinen schrifften lenger mit stilleschweigen vbergienge / von denen die meinen künfftigen vorsatz nicht wissen für vndanckbar möge gescholten werden. Welchen lasters ich nicht alleine anderwerts frey vnd ledig bin / sondern auch dißfals kühnlich sagen darff / das ich solche große liebe zue meinem Vaterlande trage /dergleichen zwar von allen erfordert / aber bey wenigen gefunden wird. Ich muß nur bekennen / das ich nicht vnlengst auß weit abgelegenen orten / da es mir an ehre / föderung / freundschafft vnd alle dem was ich bedürffend nicht gemangelt hette / mich mehrentheils darumb zuerück gemacht / vnnd meinen zuestandt in vngewißheit gesetzet / das ich das verlangen / daheime vnd bey den meinigen die zeit zue verschliessen / nicht lenger ertragen können. Welches ich sonsten kaum so rundt herauß sagen wolte / auß furchte / das es mir von andern für eine zärtligkeit vnd weichmuth möchte außgeleget werden / wenn mir nicht wißend / das Vlyßes so sehr auff sein Ithaca zue geeilet / als Agamemnon auff sein Mycène, vnd der grosse mann hertzlich gewünschet / auch nur ein räuchlein so darauß auffgienge von fernen zue schawen. Der Vater der Musen Alfonsus in Sicilien / als jhm einer erzehlete wie Rom so gewaltig / Venedig so groß / Florentz so reich / Meilandt so Volckreich were / gab er ihm dieses gar gerne zue / aber / hub er darnbeben an / ich wil niergendts lieber sein als zue Carioncilla: welches ein flecken war / darinnen der löbliche vnnd tugendhaffte König gebohren vnd auffgewachsen. Kan mir also niemand zue rechte vbel deuten / das ich mein Buntzlaw / ohne ruhm zue sagen /die erzieherinn vieler stattlichen berühmbten leute /welche ich bey anderer gelegenheit schon wil zue erzehlen wissen / als ein Kind seine Mutter ehre / vnd bestes vermögens hand zue wercke lege / wie nicht alleine ich durch das Vaterland / sondern auch das Vaterland durch mich bekandter werde. Nebenst dieser gemeinen vrsache hiesiger meiner zueschreibung habe ich nicht weniger in acht zue nemen / die grosse gunst vnd freundschafft / mit welcher ein ietweder von den Herren mir bey aller vorgehenden gelegenheit zum offtersten begegnet: ja das sie auch mir entweder mit Blutfreundschafft oder verwandtniß bey gethan sind /oder / worunter ich Herren Sänfftleben verstehe / mich zue alle dem was ich weiß vnnd kan / wie wenig es auch ist angewiesen vnd geleitet haben. Werden also die HErren / in betrachtung obgemeldeter vrsachen /in guttem verstehen / das ich Ihren namen hiesigen geringfügigen buche / das doch hoffentlich an seinem orte wird ersprößlich sein / vorsetzen / vnd dadurch /weil anietzo nichts anders[4] in meinem vermögen gewesen / nur etzlicher maßen mein danckbares gemüte vnd gutten vorsatz erweisen wollen. Befehle sie hier mit in den schutz des Höchsten / mich aber in jhre beharliche gunst vnd liebe; der ich gleichfalls jederzeit bin


E.E.W.

Dienstwilligster

Martin Opitz.[5]


AD
DN. MARTINUM OPITIUM

Poësin Germanicam ædentem,


Parodia ex Carm. II. Lib. II. Horat.


Nullus argento color est, etc.


INgenI nullus decor est, ineptis

Illitæ chartis inimice venæ,

Martie Opiti, nisi patriæ aptos

Vernet in usus.


Vivet extento venerandus ævo

Heinsius plectri genitor Batavi:

Illum aget prorâ metuente sisti

Gloria ad Indos.


Altius scandes patriâ canendo

Barbyto, qvàm si Latiuin peritæ

Atticæ jungas, Syriæque Peithus

Noveris artem.


Carminis multos cacoêthes urit,

Nec scit expelli; nisi mille vulgo

Finxerit versus peregrina jactans

Gutture verba.


Conditam Almanis numeris Poësin,

Exteræ distans, solio polorum

Inseret Phœbus populumque vernis

Instruet uti


Vocibus, laudem, & sine nube nomen

Deferens illi, viridemque laurum,

Teutonæ ingenteis repolit loqvelæ

Qvisqvis acervos.


Augustinus Iskra Siles:[6]

Quelle:
Martin Opitz: Buch von der Deutschen Poetery, Breslau 1624, S. 3-7.
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