3.

[251] Wie sich auch mag die Schönheit offenbaren,

Und wo sie ihren Einzug je gehalten:

Ob hier in holden menschlichen Gestalten,

Ob dort in Blüten, ob an Kunstaltaren:


Sie ist ein Teil von jenem Ewigwahren,

Das Göttliche auf Erden zu entfalten;

Wo echter Schönheit heil'ge Scepter walten,

Da hat die Welt nur Glück und Heil erfahren.
[251]

In jeder Brust weckt sie ein reg' Verlangen,

Daß nie und nirgend ihr Erscheinen fehle,

Die überall mit Jubelruf empfangen.


Doch welche Form sie zur Erscheinung wähle –

Nur eine wird durch alle Zeiten prangen:

Die schöne That ist's einer schönen Seele.[252]

Quelle:
Louise Otto: Mein Lebensgang. Leipzig 1893, S. 251-253.
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