Dem ewig Unverlornen

[212] Da Götter dich zu ihrem Dienste weihten,

Folg' ihrem Rufe und zertritt mein Glück!

Mit dir fühl' ich das Leben mir entgleiten,

Doch meine Hand, sie hält dich nicht zurück.

Ob dunkle Wolken rings den Himmel schwärzen,

Die Lust entflieht, ein scheidend Abendroth,

Es hebt mich über mich und meine Schmerzen

Die Liebe, die da stärker als der Tod.


Uns einte und verknüpfte nicht für Stunden

Der Sinne Gluth, der Laune flüchtig Spiel;

Was unauflöslich Geist mit Geist verbunden,

Ein gleich Erkennen war's, ein gleiches Ziel.[213]

O, fort mit jeder schwächlich feigen Klage!

Bleibt nicht mein Loos dem deinen zugesellt

Für immer, da in deiner Thaten Wage

Nun das Gewicht auch meiner Leiden fällt?


So bauen treu wir an demselben Werke,

Dem unser tiefstes Hoffen zugekehrt:

Du schaffst daran mit deines Geistes Stärke,

Ich mit dem Grame, der mich still verzehrt,

Dich wird der Ruhm mit seinem Licht umkleiden,

Wenn kein Gedächtniß meinen Namen trägt;

Doch Gottes Richterspruch wird dann entscheiden,

Wer sich der Opfer größ'res auferlegt! –


»Wie willst du leben?« tönt's von deinem Munde,

»Wie willst du leben, wenn ich fern von hier?«

O! anders nicht wie bis zu dieser Stunde:

Durch dich, mein Freund, mein Bruder! und in dir!

An jedem Tage will ich neu besiegeln

Mit Märtyrwonne meinen Liebesschwur,

Und nichts soll sich in meiner Seele spiegeln,

Als ein Erinnern und ein Hoffen nur!
[214]

Nicht nur Entzückungen, es gibt auch Leiden

In deren Strome sich das Herz erfrischt.

Dem unermess'nen Weh, von dir zu scheiden,

Ist eine süße Tröstung beigemischt!

Ein Sonnenstrahl durch finst'rer Nebel Decke

Ringt leuchtend der Gedanke sich empor,

Daß ich dich nur um ewig heil'ge Zwecke,

Daß nur an Göttliches ich dich verlor!

Quelle:
Betty Paoli: Neue Gedichte. Pest 21856, S. 212-215.
Lizenz:
Kategorien: