Einzige Bitte

[280] Schließt sich dereinst mein müder Blick,

Von Todesnacht umwoben,

Und kehr' ich einst zu dir zurück,

Mein Vater du dort oben!


Und ziehst du mich an deine Brust,

Ein Tröster, sanft und linde,

Und fragst mich: »Welche Himmelslust

Bescheer' ich meinem Kinde?


Was du gelitten, weiß ich ganz!

Ich zählte deine Zähren,

Und meiner Freuden vollsten Kranz

Will ich dir jetzt gewähren!
[281]

Blick um in meinem Lichtrevier!

Von allen Seligkeiten

Die reichste, höchste wähle dir, –

Ich will sie dir bereiten!«


Dann will ich sprechen: Habe Dank!

Mir ward mein Theil beschieden.

Mein Herz ist wund, mein Herz ist krank

Und sehnt sich nur nach Frieden!


Mein Herz ist wund, mein Herz ist krank,

Kein Glück kann ihm mehr winken,

Ihm frommt kein süßer Wonnetrank, –

Vergessen will es trinken!


Und Ein's nur gibt es, Eines, das

Mir werth scheint, d'rum zu flehen:

Entrücke mich mir selbst und laß

In dir mich untergehen!

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Auswahl und Nachlaß, Stuttgart 1895.
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